Menschsein 3 Minuten

Eine Entschuldigung an das Entschuldigen

Eine illustrierte Frau hält ein Schild, darauf steht: "Sorry, dass es mir leid tut!"
Warum hat man eigentlich manchmal das Gefühl, man müsse sich dafür entschuldigen, dass man sich so oft entschuldigt? Eigentlich ist das doch eine schöne Sache … | Quelle: Canva Design | Luisa Kutt
09. Febr. 2024

Ähh Verzeihung, sorry, darf ich mal? Sich ständig zu entschuldigen, das ist Kollektives Mensch-Sein. Die Kolumne, die über die merkwürdigen Seiten des menschlichen Daseins philosophiert und immer versucht, das Schöne darin zu entdecken.

Im Freundeskreis gibt es oft mindestens eine Person, die Dinge zu hören bekommt, wie: „Jetzt hör doch endlich mal auf dich immer zu entschuldigen“ oder „Du entschuldigst dich viel zu viel“. Über ein kleines „sorry“ denkt man meistens gar nicht viel nach. Man sagt es halt. Es ist höflich und man geht einer Konfrontation damit aus dem Weg. Hin und wieder ein kleiner Pep-Talk von Freund*innen, in dem wir uns dann dafür entschuldigen, dass wir uns so oft entschuldigen und die Sache ist gegessen. Und die Sorry-Kritiker*innen – die haben schon irgendwo recht. Wenn das ständige Um-Verzeihung-Bitten aus Unsicherheit geschieht, meißeln wir dadurch unser niedriges Selbstbewusstsein in Stein, sagt Psychologe Boris Bornemann

In bestimmten Situationen macht also auch hier die Dosis das Gift: Natürlich ist es wichtig, innerhalb von Beziehungen oder im Job auch mal für sich einzustehen und sich nicht kleiner zu machen als man ist. Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass wir deshalb jetzt keine Angst vor dem unschuldigen Wörtchen bekommen sollten. Denn bei banalen Alltagssituationen – spielt es da wirklich eine Rolle, wenn wir uns einmal zu viel entschuldigen?

Einmal zu viel ist keinmal zu wenig

Um ehrlich zu sein, mag ich die kleine Interaktion mit Fremden. Dass sich beim Anrempeln beide gegenseitig entschuldigen, weil nicht ganz klar ist, wem die Situation jetzt unangenehmer ist – dem Anrempler oder dem Angerempelten. Es folgt ein kleines, unbeholfenes Lächeln, mit dem man im Stillen Frieden schließt. Klar, das funktioniert nicht immer so. Wenn Arschloch 1 und Arschloch 2 zusammenprallen, kann es schon auch mal ordentlich knallen.

Geknallt hätte es letztens beim Einkaufen fast, als ich mit meinem Wagen beinahe gegen den einer lieben Omi gestoßen wäre. Hastig sein und viel zu wenig Platz (ja, ich rede vom Kaufland!!) sind nicht gerade die beste Kombination. Sofort meinte ich: „Oh, Entschuldigung, ist ein bisschen eng hier.“ Die Frau lächelte mich an – „Alles gut, wir haben doch keinen Stress beim Einkaufen“, und auch ich musste dann lächeln. 

Kleines Wort, große Wirkung

Allgemein zeigt uns eine Entschuldigung doch: Wir bemühen uns um Harmonie. Die kleine Geste erinnert uns daran, dass Zwischenmenschlichkeit auch vor allem von Freundlichkeit und gegenseitigem Verständnis geprägt sein kann. Und dass diese Werte mehr bedeuten, als sein Ego durchzusetzen. À la trotziges vierjähriges Kind, das behauptet: „Ich bin aber gar nicht schuld!“. Es ist eigentlich nur eine Erinnerung daran, dass wir Menschen auch tatsächlich fähig sind, Konflikte zu entschärfen und den Frieden zu bewahren. 

Ich finde, da hat der Ruf der Entschuldigung eine Entschuldigung verdient. Denn im besten Fall passiert diese einfach aus reiner Freundlichkeit. Nur mit der guten Absicht, die weiße Fahne schwingen zu können. Und die Freundin oder der Freund der sich „zu oft“ entschuldigt, macht das vielleicht einfach gern. 

 

Eine weitere Folge meiner Kolumne Kollektives-Mensch-Sein findest du hier.