„Kleinere Entwicklerstudios können sich keinen Flop leisten. Der wirtschaftliche Druck ist enorm.“
Die Zukunft des Spielens ist jetzt!

Gaming. Der Begriff wird schon lange nicht mehr nur mit Nerds oder Randgruppen der Gesellschaft verbunden. Er steht mittlerweile für eines der größten Branchen in der Unterhaltungsindustrie. Die Gaming-Branche hat im letzten Jahr mit über 200 Milliarden US-Dollar Umsatz sogar Hollywood und den gesamten Kinomarkt übertroffen, der im Jahr 2024 vergleichsweise nur rund 30 Milliarden US-Dollar Umsatz erzielt hat.
In den letzten Jahren hat sich der Verkauf von Spielen über digitale Plattformen etabliert. Der klassische Kauf von CDs ist heutzutage nicht mehr üblich. Immer mehr Entwicklerstudios bringen eigene „Launcher“ und digitale Apps auf den Markt, über die Spielinhalte direkt gekauft und heruntergeladen werden können. Es lässt sich also mit gutem Grund sagen, dass physische Datenträger nicht zur Zukunft des Gamings gehören, sondern vielmehr ein Relikt der Vergangenheit darstellen.
Zudem stellt der auf Gaming- und E-Sport-Recht spezialisierte Jurist Andreas Woerlein fest: „Kleinere Entwicklerstudios können sich keinen Flop leisten. Der wirtschaftliche Druck ist enorm.“ Vor allem kleine Studios geraten dadurch zunehmend unter Zugzwang. Aufgrund steigender Produktionskosten, bedingt durch erhöhte Personalkosten sowie wachsende Anforderungen an Hard- und Software, müssen inzwischen auch höhere Preise für Videospiele hingenommen werden. Für Woerlein ist diese Preisentwicklung angesichts der gestiegenen Kosten jedoch nachvollziehbar – zumal Videospiele als Luxusgut gelten.
Unter anderem durch diesen wirtschaftlichen Druck haben sich Mikrotransaktionen und sogenannte „In-Game-Käufe“ zunehmend als Geschäftsmodell etabliert. Ziel ist es, Spielenden, die das Spiel bereits erworben haben, innerhalb des Spiels Gegenstände oder zusätzliche Inhalte anzubieten, um nicht nur einmalige Einnahmen durch den Verkauf, sondern auch fortlaufende Umsätze zu erzielen. So erwirtschaftet der Publisher Electronic Arts (kurz: EA) mittlerweile über 70 % seines Umsatzes durch In-Game-Käufe. Eines der bekanntesten und erfolgreichsten Spiele von EA ist das Franchise „FIFA“, heute unter dem Namen „EA SPORTS FC“ bekannt.
Da dieses Geschäftsmodell äußerst profitabel ist, versuchen viele andere Studios, es zu übernehmen, oft jedoch mit geringem Erfolg. Laut Woerlein könnte der Erfolg solcher Modelle davon abhängen, ob ein Spiel auch im professionellen E-Sport vertreten ist. Als eines der erfolgreichsten Spiele mit In-Game-Käufen und als etablierter E-Sport-Titel gilt „Fortnite“ von Epic Games. Das Spiel ist kostenlos spielbar, der Umsatz wird ausschließlich durch den Verkauf kosmetischer Inhalte (sogenannter „Skins“) generiert.
Der Trend zu hybriden Modellen, also einem Basisspiel mit zusätzlichen, kostenpflichtigen Inhalten, wird sich voraussichtlich fortsetzen. Das klassische Verkaufsmodell wird zunehmend verdrängt. Zudem setzen Entwicklerstudios verstärkt auf Kostenoptimierung, etwa durch den wachsenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Spieleentwicklung.

Auch wenn der E-Sport medial immer mehr Aufmerksamkeit erhält, ist die Grundlage für ein wirtschaftlich erfolgreiches Betreiben von E-Sport in Deutschland eher schwach. Es gibt einfach zu wenig finanzielle Anreize. Politisch wird E-Sport noch nicht als gleichwertig mit traditionellen Sportarten gesehen und entsprechend stark vernachlässigt. So lag der Umsatz mit E-Sport in Deutschland im Jahr 2024 gerade einmal bei 160 Millionen Euro, das meiste davon entfallend auf Sponsoring und Rechteverkauf. Ein ganz anderes Bild zeigt sich in Saudi-Arabien. Dort wird massiv in den E-Sport investiert und es werden dort immer mehr Großevents und Turniere veranstaltet. Ein deutliches Beispiel für diesen Trend, ist der Kauf des deutschen Unternehmens ESL (Electronic Sports League) durch die Savvy Games Group, hinter dem der Public Investment Fund (PIF) Saudi-Arabiens steht. Der Kaufpreis lag bei über einer Milliarde US-Dollar.
Ein kleiner Ausblick in die Zukunft
Die Gaming-Branche steht an einem Wendepunkt, der von technischen Innovationen, wirtschaftlichem Druck und gesellschaftlicher Reifung geprägt ist. Während große Studios zunehmend auf hybride Geschäftsmodelle und digitale Vertriebskanäle setzen, kämpfen kleinere Entwickler mit hohen Produktionskosten und steigendem Erwartungsdruck. Gleichzeitig wird Gaming als Kulturgut breiter akzeptiert. Besonders Künstliche Intelligenz verändert bereits heute grundlegende Produktionsprozesse in der Spieleentwicklung. Auch der E-Sport, obwohl gesellschaftlich angekommen, leidet unter einer fehlenden wirtschaftlichen Infrastruktur in Deutschland und verliert Talente an internationale Märkte. Gaming ist keine Nische mehr – es ist Wirtschaft, Kultur, Politik und Technologie in einem. Wer das ignoriert, wird den Anschluss verlieren.