Vape Impact 8-10 Minuten

Umwelt-Albtraum im Taschenformat: Einweg-Vapes auf dem Prüfstand

Ein Mädchen, das an einer Einweg-Vape zieht und große Dampfwolken ausatmet, dahinter sind viele, bunte Einweg-Vapes zu sehen
Wolken der Verschwendung und Spuren, die sich dahinter nicht verbergen lassen. | Quelle: Collage von Deborah Herberg
11. Dez. 2023

Elektronische Einweg-Vapes sind bunt, fruchtig und im Hype. Aber vor allem eins: umstritten. Die Debatte über Umweltbedenken gewinnt an Fahrt, wobei sich viele Seiten für ein Verbot einsetzen. Aber wie schädlich sind die „Wegwerf-Vapes” wirklich?

Die Welt des Dampfens erlebt derzeit einen regelrechten Boom. Insbesondere die Einweg-Modelle haben sich als unverzichtbare Begleiter etabliert. Von Zuckerwatte bis Cola sind den Geschmacksrichtungen nahezu keine Grenzen gesetzt. Während Influencer*innen, wie MontanaBlack, die bunten Sticks in den höchsten Tönen loben, werden die Bedenken hinsichtlich ihrer Umweltauswirkungen immer lauter. Umweltverbände, Krankenkassen und auch die Bundesregierung betrachten sie als ernstzunehmende Belastung für die Umwelt. Denn nach etwa 500 bis 800 Zügen beginnt das Licht einer Einweg-Vape zu blinken, und sie muss entsorgt werden.

Vapes sind elektronische Geräte, die Flüssigkeiten verdampfen und die Möglichkeit bieten, Dampf zu inhalieren, anstelle von Rauch. Das flüssige Liquid gibt es mit und ohne Nikotin. Bei den Einweg-Modellen sind keine Vorbereitungen nötig, sie sind bereits mit Liquid vorgefüllt und der Akku ist vollständig aufgeladen.

Dampf-Experte Marc Früchel arbeitet seit fünf Jahren in der Branche und war in mehreren Vape-Stores tätig. Einweg-Vapes haben in den letzten beiden Jahren laut ihm einen besonders großen Hype erlebt. In dem Dampfer-Shop, in dem er aktuell arbeitet, werden innerhalb einer Woche bis zu 500 Stück verkauft. Die umweltbelastenden Aspekte von Einweg-Vapes zeigen sich für Marc besonders durch den massiven Verpackungsmüll. Beim Auspacken einer Palette füllt er drei gelbe Säcke mit Plastikfolie.

Marc erlebt täglich, dass Verbraucher*innen sich kaum mit ihrem Konsum auseinandersetzen. „Viele Kunden nehmen nicht einmal das Rückgeld von einem Cent an und verlassen den Store so schnell wie möglich. Oft kommen sie dann aber direkt wieder zurück und beschweren sich, dass die Vape nicht funktioniert“, erzählt Marc. Dabei sei die Gebrauchsanweisung für die Einweg-Vapes der bekannten Marke „Elf Bar“ mit deutlich sichtbaren Aufklebern direkt am Mundstück angebracht. Um die Vape einzuschalten, muss die Kindersicherung durch dreimaliges Ziehen innerhalb von zwei Sekunden deaktiviert werden. Alternativ gibt es Modelle, bei denen die eingebaute Batterie durch das Drücken eines Einschaltknopfs aktiviert wird. Die Batterie liefert Energie für den Stromkreislauf und erhitzt die Drahtspule im Verdampfer, um das flüssige Liquid in Dampf umzuwandeln.

Ein Blick unter die Oberfläche

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Das Innenleben einer elektronischen Einweg-Vape und die Mechanismen hinter dem Dampf

Dampfen, Wegwerfen, Belasten

Naturschutzverbände, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), bezeichnen elektronische Einweg-Zigaretten als „eine beispiellose Ressourcenverschwendung“. Besonders problematisch sei das Lithium in den Batterien der Akkus. Senior Expertin für Kreislaufschaft der DUH, Dr. Marieke Hoffmann, erklärt uns wieso: „Eine gemeinsame Untersuchung von Bureau, Sky News und Daily Telegraph zeigt, dass alleine in Großbritannien jede Sekunde zwei Vapes weggeworfen werden. Eine Vape enthält ungefähr 0,15 g Lithium. Bei über 1,3 Millionen Einweg-E-Zigaretten, die jede Woche weggeworfen werden, wäre das genug Lithium, um etwa 1200 Batterien für Elektroautos herzustellen.“ Doch auch Recycling-Initiativen in dem Vape-Shop, in dem Marc Früchel arbeitet, waren laut ihm nicht von Erfolg gekrönt. „Wir hatten eine Aktion, bei der Kunden eine Einweg-Vape geschenkt bekommen, wenn sie zehn Leere zurückbringen und das haben nur sehr wenige Kunden gemacht.”, berichtet Marc.

Bei über 1,3 Millionen Einweg-E-Zigaretten, die jede Woche weggeworfen werden, wäre das genug Lithium, um etwa 1200 Batterien für Elektroautos herzustellen.

Marieke Hoffmann (DUH)

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) legt großen Wert auf die Aufklärung der Verbraucher*innen, wie Pressesprecher Christopher Stolzenberg betont. Da Einweg-Vapes als Elektro- und Elektronikgeräte gelten, sollten sie weder im Hausmüll noch in der Umwelt landen, sondern separat gesammelt und an zugelassene Stellen abgegeben werden. Dazu gehören der Wertstoffhof, Fachmärkte, die selbst Elektrogeräte verkaufen und über mindestens 400m² Verkaufsfläche verfügen, sowie Supermärkte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800m². Mehr über die richtige Entsorgung von Elektrogeräten findet ihr z.B. bei der Kampagne Plan-E. Aber was passiert mit der Umwelt, wenn Einweg-Vapes nicht korrekt entsorgt werden?

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Die Umweltbilanz von Einweg-Vapes unter der Lupe | Quelle: Marieke Hoffmann (DUH) und vapers.guru

Langlebige Optionen für dauerhaftes Dampfen

Marieke Hoffmann betrachtet Mehrweg-Alternativen als eine ressourcenschonende Lösung: „Mehrwegprodukte können viele Male genutzt werden und dadurch eine Vielzahl an Einwegprodukten ersetzen. Wenn also beispielsweise eine Mehrweg-E-Zigarette 50 Einweg-Vapes ersetzt, wären die Umweltauswirkungen von Produktion und Entsorgung etwa 50-mal geringer.” Die Eco-Dampfer unterscheiden sich in zwei Hauptmerkmalen: einem wieder aufladbaren Akku und einem nachfüllbaren Liquid-Tank. Dazu nutzt man ein sogenanntes „Pod System”. „Das Verfahren ist genau dasselbe, wie bei den Einweg-Vapes, mit dem Unterschied, dass sie eine Sperre haben. Indem ich den Pod in die Vape drücke, vernetzen sich der Pluspol und der Minuspol des Stromkreislaufs und das Liquid wird in den Tank gedrückt”, erklärt Marc. Dafür gibt es Pods, die schon mit Liquid befüllt sind. Ein Pod-Kit kostet zwischen 15 und 20 Euro. Kostensparender und nachhaltiger werde es, wenn Nutzer*innen das Liquid in die Pods selbst nachfüllen. Marc betont, dass die Umstellung dem Geldbeutel auf lange Sicht guttun würde: „Eine Flasche mit Liquid bietet das Fünffache der Menge, die in dem Tank von Einweg-Vapes enthalten ist und kostet ein bis drei Euro weniger. Ich persönlich dampfe so viel, dass ich täglich fünf Einweg-Vapes kaufen müsste. Das wären dann jeden Tag 50 Euro, das kann ich mir nicht leisten.” Ein Pod, den Marc immer wieder mit Liquid befüllt, reicht ihm ungefähr einen Monat lang.

Selbstwickeln als Geheimnis für langlebige Eigenkreationen?

In der Vape-Branche wird das Selbstwickeln als möglicher Ansatz für nachhaltigeres Dampfen und Ressourcenschonung diskutiert. Dabei verzichten Konsument*innen auf fertige Endgeräte und stellen stattdessen ihre eigenen Heizelemente her. Dazu wickeln sie einen Draht um einen Wickelstift, wie zum Beispiel einen Schraubenzieher, um eine gleichmäßige Spule zu formen. Anschließend füllen sie die Spule mit Watte und der selbstgebaute Verdampfer ist einsatzbereit. Nur der Draht und die Watte müssen regelmäßig ausgetauscht werden. Marc unterstreicht, dass diese Methode langfristig sogar kostengünstiger sei als der Einsatz von Pod-Systemen. Durch regelmäßige Wartung und selbst durchgeführte Reparaturen könne das Gerät bis zu vier Jahre lang genutzt werden.

Ein goldener Verdampfer mit Drahtspule
Von Hand geschaffen: So sieht ein selbstgewickelter Verdampfer aus | Quelle: Marc Früchel
Ein Verdampfer mit Drahtspule in den Watte eingefädelt wurde, der auf einem Tisch steht, im Hintegrund ist leicht eine Computertastatur zu erkennen
Feine Handarbeit: Hier wurde die Watte in den selbstgewickelten Verdampfer eingefädelt | Quelle: Marc Früchel
Ein Verdampfer mit Drahtspule in dem die Watte schwarz geworden ist
Schwarze Watte: Ein Zeichen, dass es Zeit ist, die Watte in diesem selbstgewickelten Verdampfer zu wechseln | Quelle: Marc Früchel

Reduce, Reuse, Repair, Recycle

Marieke Hoffmann setzt sich dafür ein, dass Verbraucher*innen umweltfreundlichere Produkte nicht nur bevorzugen: „Elektroartikel müssen von Anfang an langlebig, reparierbar und recyclingfähig gestaltet werden und besonders umweltschädliche Produkte vom Markt verschwinden.” In 19 Ländern weltweit ist die Nutzung von Einweg-E-Zigaretten laut Marieke Hoffmann vollständig verboten. Dazu würden unter anderem Argentinien, Mexiko, Brasilien und Indien gehören. Bald könnten Verbraucher*innen auch in Deutschland dazu gezwungen sein, auf nachhaltige Geräte umzusteigen. Christopher Stolzenberg gibt Einblick in die Strategien des BMUV zur Abschaffung von kurzlebigen Vapes: „Wir schlagen ein EU- oder deutschlandweites Verbot für nicht wieder befüllbare oder nicht wieder aufladbare E-Zigaretten vor.” Die geplante Ökodesign-Verordnung Anfang 2024 könnte das durchsetzen, indem sie den Austausch von Flüssigkeit und Batterie für E-Zigaretten vorschreibt. Dadurch würde ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten erreicht werden.

Zigaretten sind auch ein Ökoschreck

Marc Früchel ist überzeugt, dass viele Verbraucher*innen nach dem Verbot wieder auf herkömmliche Zigaretten umsteigen würden: „Sie sind schlichtweg zu faul dafür, die Vape regelmäßig aufzuladen oder gar einen Pod selbst mit Liquid zu befüllen." Marieke Hoffmann betont, dass auch Zigaretten fatale Folgen für die Umwelt haben, zum Beispiel beim Anbau von Tabak oder wenn schadstoffbelastete Filter unsachgemäß in die Natur entsorgt werden. Allein in Deutschland werden der DUH zufolge 204 Millionen Stück am Tag verbraucht. ​​Es kann bis zu 15 Jahre dauern, bis sich weggeworfene Zigarettenstummel zersetzen. Der Umwelt zuliebe sei es daher ratsam, komplett auf das Rauchen zu verzichten. Für Dampf-Enthusiast*innen, die das Rauchen nicht aufgeben möchten und dennoch ein Herz für die Umwelt haben, wären also langlebige Geräte in Kombination mit der richtigen Entsorgung ein erster Schritt.