Wieso Genderverbote an Schulen Sinn ergeben
Zuerst Bayern und dann auch noch Hessen: Seit April ist das Gendern mit Sonderzeichen wie dem Sternchen, dem Doppelpunkt oder dem Unterstrich in beiden Bundesländern in staatlichen Einrichtungen verboten. Unter anderem in Schulen dürfen diese Formen nicht mehr verwendet werden. Besonders hart greift die Landesregierung in Hessen durch: Hier gibt es ab sofort Punktabzug, wenn Schüler*innen die Schreibweise in Prüfungen benutzen.
Von außen hagelt es reichlich Kritik für die neuen Regelungen: Schüler*innen und Lehrkräfte fühlen sich bevormundet und vor den Kopf gestoßen. Der Zeitpunkt sei unpassend, andere Probleme wichtiger. Queere Mitmenschen würden auf dem Papier ausradiert werden. Die politische Opposition spricht von einem „ideologischen Kulturkampf“.
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Ob die Maßnahmen der Landesregierung überzogen oder unangemessen sind, steht also zur Debatte. Fest steht aber, dass eine gewisse Regulierung der Sprache im Schulunterricht, durchaus Sinn ergibt. Dabei geht es jedoch weniger um ideologische oder politische Botschaften, sondern vielmehr um das Ernstnehmen des staatlichen Bildungsauftrags.
Das korrekte Regelwerk der deutschen Grammatik und Rechtschreibung an die Schüler*innen weiterzugeben gehört nämlich zu den Kernaufgaben von Bildungseinrichtungen. Das Gendern im Wortinneren ist bisher jedoch nicht offiziell in diesem verankert und gilt schlichtweg als falsch. Tatsächlich spricht sich der Rat für deutsche Rechtschreibung aktuell auch gegen entsprechende Veränderungen aus: Die Begründung sind grammatikalische Unklarheiten und Probleme beim Lesefluss. Besonders für jüngere Klassenstufen oder Kinder, deren Muttersprache nicht deutsch ist, könnte die willkürliche Verwendung einer anderen Sprachform also für Verwirrung sorgen und das Erlernen von fehlerfreiem Sprechen und Schreiben unnötig erschweren. Um das zu vermeiden, sollten also klare Regeln vermittelt werden und auch die Lehrkräfte eine einheitliche Sprache nutzen.
Neben diesen praktischen Problemen darf man auch nicht vergessen, dass die Genderdebatte in Deutschland sehr hitzig geführt wird. Im Moment besagt eine Statistik, dass die meisten Bürger*innen das Gendern ablehnen. Eine andere Umfrage ergab sogar, dass sich ein Großteil der Bevölkerung davon gestört oder genervt fühlt. Wird nun auch in der Schule gegendert, können sich der Konflikt und die Spaltung auch in den Klassenräumen breit machen und somit für eine schlechte Atmosphäre sorgen. Betrachtet man die Umfrageergebnisse kann man außerdem davon ausgehen, dass auch viele der Eltern ein derartiges Verbot begrüßen.
Sensible Sprache trotzdem möglich
Aber: Wer Gendern will, kann dies weiterhin ohne Probleme tun und sich somit klar für die Sprache ohne Ausgrenzung positionieren – in privaten Gesprächen, Nachrichten, eigentlich überall. Und auch jegliche anderen Unternehmen, Organisationen oder Institutionen können weiter frei über ihre Sprach-Etikette entscheiden und somit ein Zeichen setzen. So wie sich auch die edit.-Redaktion aus moralischen und ethischen Gründen dazu entschlossen hat, zu gendern. Und wer in der Schule nicht auf eine sensible Sprache verzichten will, schafft dies meistens auch ohne Konstruktionen mit Sonderzeichen. Diese sind nämlich nicht verboten. So wird aus Lehrer*innen z.B. Lehrkräfte oder aus Student*innen Studierende. Wenn eine solche Form nicht zur Verfügung steht, ist außerdem auch die klassische Doppelnennung, z.B. Schülerinnen und Schüler, möglich.
Und vielleicht kommt es in einigen Jahren schließlich zu einer Rechtschreibreform, die das Gendern in irgendeiner Art offiziell etabliert. Vielleicht ist die Diskussion darüber dann auch nicht mehr so groß und kontrovers. Dann ist es möglich, die Form auch in der Schule einzuführen und von Beginn an zu lehren. Solange wir diesen Zeitpunkt aber noch nicht erreicht haben, sind regulierende Maßnahmen zur Gewährleistung einer einheitlichen, wenn auch genderfreien Sprache, sowie dem Schutz eines angenehmen Klimas in der Schule absolut vertretbar und wichtig.
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