"Ich weiß noch nicht mal, was ich morgen mache"
Sonnenstrahlen scheinen durch die geöffnete Van-Tür, Meeresrauschen im Hintergrund, am Himmel keine Wolke - fast schon zu perfekt. Hund Nico liegt im Bett, gähnt und streckt sich. Luca steht an seinem kleinen Gasherd, mahlt mit einer kleinen Hand-Mühle Kaffeebohnen. Es läuft Early Morning Coffee Cups von Jaimi Faulkner. Jeden Morgen zelebriert er sein Kaffee-Ritual und postet es in seiner Instagram-Story. Sein Motto: Ohne Kaffee geht nix! Surfen, fotografieren und die kanarische Insel entdecken stehen auf seinem Tagesplan. Natürlich wird alles mit seinen Follower*innen geteilt.
Fuerteventura ist nicht mehr nur ein Zwischenstopp auf Lucas Reise, sondern zu seiner zweiten Heimat geworden. Im Dezember 2020 ist der ehemalige Stuttgarter auf die Insel ausgewandert. Trotzdem möchte er in Zukunft auch in Deutschland noch als Fotograf tätig sein.
Luca, könntest du dir vorstellen, einen typischen Nine-to-Five Job zu haben?
Nein! Ich habs Anfang 2019 probiert, als ich ein Praktikum bei einer Medienagentur in Stuttgart gemacht habe. Ich habe es dort drei Tage ausgehalten, dann habe ich gekündigt.
Ach, drei ganze Tage gleich?
(lacht) Ich dachte mir: Scheiße, was mache ich hier eigentlich? Ich kam morgens im Dunklen an und bin abends im Dunklen wieder raus. Die ganze Zeit musste ich daran denken, welche coolen Fotoshootings ich stattdessen in Stuttgart machen könnte. Am dritten Tag habe ich gekündigt. Es war die Entscheidung des Jahres.
Wenn wir uns zufällig kennenlernen würden, was würdest du auf die Frage antworten, was du eigentlich so machst?
Ich würde antworten: Ich bin Fotograf für Portrait und Fashion in Stuttgart. Und bin viel auf Reisen unterwegs. (lacht)
Wann hast du entschieden, dass du Fotograf werden möchtest?
Entscheidet man das oder wird man das einfach? Ein halbes Jahr, nachdem ich angefangen habe zu fotografieren, habe ich meinen ersten großen Job bekommen. Durch Connections durfte ich das Programmheft der Stuttgarter Philharmoniker fotografieren. Ab da hatte ich den Gedanken, dass ich mir daraus einen Job aufbauen könnte.
Würdest du sagen, du hast deinen Beruf mit Leidenschaft gefunden?
Auf jeden Fall! Ich habe immer gesagt: Lieber habe ich einen ganz ganz schlecht bezahlten Job, den ich aber mit Leidenschaft ausführen kann, als einen Job, bei dem ich jeden Tag unglücklich bin.
Gehst du dem Beruf als Fotograf nur in Stuttgart nach?
Eigentlich schon. Unterwegs ist es immer schwer Aufträge ranzukriegen und in Stuttgart habe ich schon alle Arbeitsbeziehungen. Manchmal überschneidet sich das natürlich auch. Wenn ich auf Reisen bin, eine coole Idee und die richtigen Leute habe, dann starte ich auch ein Projekt unterwegs.
Hast du dir das Fotografieren selber beigebracht?
Ja. Ich habe mir einfach eine Kamera gekauft, ganz viele You-Tube-Videos angeschaut, ganz viel ausprobiert und so viel fotografiert, wie es ging.
Auf deinem Instagram-Account sieht man auch Bilder von dem ein oder anderen bekannten Gesicht. Wie kam es dazu, dass du ehemalige Germanys Next Topmodel Kandidatinnen vor die Linse bekommen hast?
Toni (Toni Dreher-Adenuga ist Gewinnerin der 13. Staffel GNTM) habe ich bei ihrer ersten Fashion Show in Stuttgart kennengelernt. Das war auch meine erste Fashion Show, die ich fotografiert habe. Abends sind wir zusammen zurückgefahren und haben uns angefreundet. Zwei oder drei Jahre später hat sie sich dann bei GNTM angemeldet und glücklicherweise auch gewonnen. (lacht) Toni habe ich einiges zu verdanken. Sie hat mich auch auf die Berliner Fashion Week mitgenommen, wo ich mich dann mit den anderen GNTM-Mädels connected habe.
Du bist mittlerweile nicht mehr nur Fotograf, sondern auch Influencer auf Instagram mit fast 36.000 Followern. Wolltest du Influencer werden?
(lacht) Nein. Ich bin da eher zufällig reingerutscht. Letztes Jahr bin ich als Fotograf für vier Monate mit einem Bloggerpärchen mitgereist. Die beiden haben mich auf die Idee gebracht. Zuerst war ich etwas skeptisch, aber ich habs dann einfach mal ausprobiert.
Siehst du das mittlerweile als Job an?
Ich glaube ab einem gewissen Punkt muss man das, weil man täglich so viel Zeit reinsteckt. Jetzt auf Reisen ist es mein Vollzeitjob. Ich verdiene damit ja auch Geld.
Du hast innerhalb des letzten halben Jahres 30.000 Follower dazugewonnen.
Das ist echt verrückt! Das habe ich auch ganz viel anderen Leuten zu verdanken, die mich unterstützt haben. Nach der ersten Quarantäne bin ich von Fuerteventura Richtung Heimat gefahren und habe spontan Charlotte Weise besucht. Als ich bei ihr war, hat sie Instagram-Storys gemacht und die Leute haben natürlich ausgecheckt, wer ich bin. Dadurch hatte ich dann die magische Grenze von 10.000 geknackt. Auch Teresa Casamonti supportet mich voll und ganz. So ist das dann immer weiter gewachsen.
Wie echt bist du auf deinem Instagram Account?
Ich versuche – wahrscheinlich sagt das jeder von sich selber – so viele authentische Momente wie möglich einzubauen. Logischerweise filmt man immer schöne Momente, statt bei schlechten Momenten direkt zu denken: Okay, jetzt mache ich davon eine Instagram-Story.
Was möchtest du den Leuten mitgeben, wenn sie dir folgen?
Darüber mache ich mir oft Gedanken. Auf jeden Fall gute Vibes. Ich möchte den Leuten zeigen, dass sie mehr auf die kleinen, positiven Dinge im Leben achten sollen. Ich möchte ihnen Mut machen, dass es auch andere Wege gibt, sie inspirieren und motivieren.
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Hast du eigentlich zuerst den Van-Lifestyle gelebt und dir dann gedacht, das könntest du auf Instagram teilen oder kam der Wunsch, mit einem Van zu reisen durch die sozialen Medien?
Ich habe den Lifestyle davor schon leben und lieben gelernt. Ursprünglich wollte ich nur fünf Monate unterwegs sein. In den ersten Monaten hatte ich den Van noch nicht so schön umgebaut wie jetzt. Ich hatte nur ein einfaches Holzgestell, ganz basic. Typische Surferbude. (lacht)
Wie kamst du auf die Idee, mit dem Van zu reisen?
Wegen Nico (Der Hund, den Luca von seiner Oma geerbt hat und der bei jeder Reise dabei ist). Eigentlich wollte ich Fernreisen nach Südostasien machen. Dann ist mir aufgefallen, dass ich meinen Hund nicht so lange alleine lassen kann und auch nicht will. Mit dem Zug wollte ich auch nicht reisen und dann kam ich auf aufs Vanlife.
Hast du dir den Van selbst finanziert?
Ja. Also, am Anfang hätte ich das ohne die Unterstützung meiner Eltern nicht geschafft. Jetzt zahle ich den Van nach und nach bei ihnen ab. Ich habe sozusagen einen Kredit aufgenommen.
Könntest du dir für die nächsten Jahre weiterhin eine Mischung aus Reisen, Influencer und Fotograf vorstellen?
Ich glaube schon. Gestern habe ich noch darüber nachgedacht. Ich müsste auf jeden Fall öfter zu Hause sein, weil mir das Fotografieren schon sehr fehlt. Mit Portrait und Fashion kann ich auf den Kanaren nicht viel anfangen. (lacht) Wenn ich Bilder von mir mache, dann zähle ich das nicht als Fotografie. Meine Kamera auf ein Stativ zu stellen und mich davor zu setzten ist keine große fotografische Kunst. Und reisen wird immer dazugehören. Diese Freiheit brauche ich einfach.
Aktuell bist du ja nicht nur Fotograf und Influencer, sondern machst auch noch ein Fernstudium im Bereich Medienmanagement.
Die Uni bucht zumindest immer fleißig von meinem Konto ab. (lacht) Ich habe mein Studium vor vier oder fünf Monaten angefangen und am Anfang auch echt gut durchgezogen. Dann ist allerdings Instagram gewachsen und hat immer mehr Zeit beansprucht. Jetzt war ich schon drei Monate nicht mehr im System, weil ich keine Zeit hatte. Besser gesagt, weil ich mir keine Zeit genommen habe. Man hat immer Zeit, die man sich nehmen kann. Aber ich habe vor, das wieder aufzugreifen!
Eine typische Bewerbungsfrage: Wo siehst du dich in fünf Jahren?
Es ist spannend, dass das die Menschen immer so krass interessiert. (lacht) Statt im Hier und Jetzt zu leben, denken sie immer an die Zukunft. Aber auf eine klassische Bewerbungsfrage habe ich habe eine klassische Antwort: Ich weiß nicht, wo ich mich in fünf Jahren sehe, denn ich weiß noch nicht mal, was ich morgen mache. (grinst)
Mehr zu Luca und seinen Reisen findest du hier: