Reality-TV ist meine Meditation
Nach einem langen Tag voller Vorlesungen und Gruppenarbeiten schließe ich alle Anwendungen im Browser auf meinem Laptop. Endlich Feierabend. Ich bin eigentlich schon müde, aber den Abend will ich ja doch noch irgendwie ausklingen lassen. Der nächste Gedanke – wie verbringe ich die restliche Zeit bis zum Schönheitsschlaf? Lese ich mein Buch weiter, das ich eigentlich schon längst durchgelesen haben wollte? Oder vielleicht doch eine Netflix-Doku, um mein Gehirn mit noch mehr Wissen zu füttern?
Die Wahl fällt auf eine Serie – aber keine komplizierte Brainfood-Dokumentation. Es ist die Reality-TV-Serie „Der Bachelor“ geworden. Mehrere Frauen buhlen in einer TV-Show wochenlang um einen Mann und jede versucht, den besten Eindruck zu hinterlassen und sein Herz zu erobern. Drama-Dating könnte die Show vielleicht auch heißen, denn das ist dabei definitiv gegeben.
Einfach berieseln lassen
Einige werden sich jetzt sicher denken: Um Gottes Willen, nicht dieser Trash-TV-Humbug. Bestimmt finden sich aber auch viele in den obigen Zeilen direkt wieder. Beide Reaktionen sind völlig legitim – ich persönlich liebe Reality-TV. Es ist leichte Kost für das abendlich ausgelaugte (Studenten-) Hirn, man kann sich einfach berieseln lassen, muss nicht viel mitdenken. Viele bezeichnen Reality-TV als ihr Guilty-Pleasure – also eine Sache, die man „heimlich“ gerne macht oder mag, obwohl es von der Gesellschaft eher als seltsam angesehen wird. Dabei muss das einem doch eigentlich nicht unangenehm oder peinlich sein? Nicht jeder möchte seinen Abend nun mal mit einer hochgestochenen 3Sat-Sendung über die Berechnung des Universums verbringen. Und das ist auch völlig in Ordnung – das Leben ist täglich herausfordernd genug, da darf mein Abendprogramm gerne nur einen Bruchteil meiner Gehirnzellen beanspruchen.
Alles im Griff, für eine Weile
Was ist besser als alleine Serien zu gucken? Richtig, es mit Freunden zu tun. Besonders gemeinsame Germany’s-next-Topmodel-Abende mit meinen Freundinnen aus dem Studium erheitern meine Stimmung. Vor allem, wenn sich eine in der Runde laut über die Lästerei einer Kandidatin aufregt, sich alle anderen sofort in ihren Gedanken bestätigt fühlen und man die gemeinsame Zustimmung feiert. Dann macht es so richtig Spaß.
Es ist aber schon faszinierend, dass Formate wie das Dschungelcamp doch recht großen Erfolg beim deutschen Publikum haben. Sie halten sich im Fernsehprogramm schon jahrelang. Die Einschaltquoten stimmen jedenfalls. Durchschnittlich rund 4 Millionen Zuschauer*innen hatte die letzte Staffel in diesem Jahr. Ist dann wohl doch bei vielen beliebter, als sie zugeben würden.
Ich denke, das Geheimrezept beim Dschungelcamp beispielsweise ist die eigene Schadenfreude über die durchaus wilden Bedingungen und Aufgaben. Klingt vielleicht hart, ist aber wahrscheinlich einfach so. Während die Kandidat*innen unter anderem Känguruhoden essen und durch Becken voll mit Matsch durchrobben müssen, um sich selbst und die anderen kläglich zu ernähren, sitzt man als Zuschauer*in zuhause gemütlich mit seinen ein bis zwei (vielleicht auch drei?) Snacks eingekuschelt in seinem Bett. Ist doch herrlich! Ein Moment, in dem man besonders als Mensch Mitte 20 das Gefühl hat, sein Leben doch ein bisschen im Griff zu haben.
Apropos Leben im Griff haben: Warum die Zwanziger manchmal nicht einfach sind, erfährst du hier.