„Die Demokratie und ein funktionierender Staat leben aus einem ständig wachsenden Gemeinwesen.“
Einzelkämpfermodus gefährdet Demokratie
Wie oft treffen wir uns mit Freund*innen, scrollen durch Insta anstatt zu reden oder snappen, obwohl wir nebeneinandersitzen. Mit anderen reden? Persönlich? Wieso das denn, schreiben geht doch viel schneller.
Gemeinsam sind wir einsam. Obwohl wir durch soziale Netzwerke immer besser vernetzt werden, fühlen sich 12 Prozent der Deutschen einsam. Diese neue Einsamkeit führe zu einer Gesellschaft, die immer mehr in den Einzelkämpfer-Modus wechselt. Neu, weil wir durch die Sozialen Medien eigentlich die Chance hätten mehr Gemeinschaft zu verspüren. Doch das Gegenteil sei der Fall. Gemeinsam war gestern, heute bleibt das Land abgeschottet von der Stadt, die Ältesten eingesperrt in den Pflegeheimen und wir Jüngeren ziehen uns in die einsame Welt von Internet und Fake News zurück, so zumindest die These von Diana Kinnert, Autorin und CDU-Jungstar.
Einsamkeit bedeute nicht nur traurig und alleine auf dem Sofa zu sitzen, sondern sie beeinträchtige den Umgang ganzer Gruppen untereinander. Durch diese neue Einsamkeit spalten sich, laut Kinnert, politische und gesellschaftliche Lager, wie Parteien oder ethnische Gruppen. Sie würden nicht mehr miteinander reden, obwohl die grundlegenden Ziele dieselben seien: eine starke deutsche Wirtschaft oder das kulturelle Erbe frei auszuleben. Kinnert schreibt: „Die Demokratie und ein funktionierender Staat leben aus einem ständig wachsenden Gemeinwesen.“ Eine vereinsamende Gesellschaft lasse sich also nicht mit einer funktionierenden Demokratie vereinen. Deshalb ist Einsamkeit ein politisches Thema!
„Jede Einsamkeit ist ein Produkt ihrer Zeit“, schreibt Kinnert. Digitale Überreizung und der falsche Umgang mit Sozialen Medien sei ein Auslöser unserer Zeit. Deshalb will Kinnert gemeinsame Werte in der digitalen Welt schaffen, um dort einen gemeinschaftlicheren Umgang untereinander zu fördern. Aber es steht nirgends, wie wir das erreichen können. Die naheliegendste Lösung vergisst sie ganz, den Kindern in der Schule den Umgang mit Sozialen Medien beizubringen. Stattdessen geht Kinnert auf die Digitalisierung allgemein ein. Ihre Meinung dazu ist widersprüchlich. In einem Moment schaffe Internet of Things soziale Räume. Im nächsten trage Digitalisierung, wie oben im Beispiel, zur Vereinsamung bei. Ist Digitalisierung nun das Problem oder die Lösung? Statt eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, wird man als Leser*in erwartungsvoll zurückgelassen, um im nächsten Abschnitt fast denselben Inhalt nochmal zu lesen.
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Politik als Ansprechpartner
Auch die Rolle der Politik im Thema Einsamkeit, wird in ihrem Buch nicht klar. Die Autorin schildert, dass eine Zersplitterung der Gesellschaft gefährlich für unsere Demokratie sei und es deshalb in der Politik behandelt werden müsse. Doch kann die Politik, in der seit jeher jede gegen jeden im Einzelkämpfermodus agiert, die richtige Lösung gegen Einsamkeit bringen? Die verschiedenen Parteien kämpfen beim Wahlkampf gegeneinander. Es geht immer darum, die anderen auszuspielen. Koalition gegen Opposition und Partei gegen Partei. Das ist kein gemeinschaftliches Miteinander. Auch Kinnert sagt: „unbedingt falsch wäre es jetzt, anderen als uns selbst das Ruder zu übergeben.“ Also doch nicht der Politik überlassen? Sehr widersprüchliche Aussagen. Aber das Buch regt dazu an selbst aktiv zu werden, das Handy wegzulegen und sich persönlich zu treffen, um die Aussicht auf eine bessere Zukunft zu haben. Kinnert öffnet den Leser*innen die Augen, dass Einsamkeit ein sehr dringliches Problem ist. Ob das Buch jedoch politisch etwas bewirkt, bleibt zweifelhaft.