Zwei Frauen gegen ein Tabu
Auch wenn Europa zu den eher aufgeklärten Teilen der Welt gehört, ist die Periode nach wie vor ein großes Tabuthema – und das, obwohl sie schlicht und ergreifend notwendig ist, um die menschliche Spezies zu erhalten. Ohne Periode keine Fortpflanzung. Trotzdem erfinden Frauen und Männer in allen Ländern Begriffe, um das unbeliebte Wort zu vermeiden oder zu verharmlosen. Egal ob „La semaine Ketchup“ (die Ketchup-Woche) in Frankreich, „Benfica“ (ein professionelles Fußball-Team in roten Trikots) in Portugal oder „El Vampiro“ (der Vampir) in Spanien – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt!
The Female Company
Doch was kann man tun, um das Thema Periode, mit dem Mann oder Frau zwangsläufig immer wieder in Kontakt kommen, ein bisschen aufzulockern? Diese Frage haben sich Anni und Sinja nach ihrer Reise durch Indien gestellt. Dort bemerkten sie, dass die Umstände in Europa zwar bei weitem nicht so erschreckend sind wie dort zu Lande, wo die Frauen während ihrer Mensis von ihrem sozialen Umfeld isoliert werden, es aber dennoch einiges zu verbessern gibt. Gemeinsam haben die beiden „The Female Company“ gegründet.
Mit ihrem Start-Up wollen sie Hygieneprodukte für Frauen herstellen und vertreiben, die nicht in das Bild herkömmlicher Marken passen. Es sollen in ihrer Werbung keine dünnen Frauen in weißen Hosen über grüne Wiesen rennen und lachen, alles weichgezeichnet und mit Glitzer-Filter. Die beiden wollen das Thema so angehen, wie es eben ist: manchmal ein bisschen nervig und in jedem Fall rot. Aus diesem Grund haben Sinja und Anni sich auch entgegen aller Ratschläge bedeutender Männer in der Werbebranche für ein leuchtendes Rot auf all ihren Verpackungen entschieden. Diese sollen cool und hip aussehen und als Accessoire im Badezimmer fungieren. „Jeder wird sich dann fragen, was das ist, egal ob Mann oder Frau. Dadurch entstehen vielleicht Gespräche und so werden Barrieren abgebaut. Das ist der Grundgedanke von The Female Company“, erklärt Anni im Interview.
Bio made in the EU
Doch nicht nur in Sachen Style wollen die jungen Unternehmerinnen den Markt revolutionieren. Ihre Hygieneprodukte bestehen nachweislich und ausschließlich aus Bio-Baumwolle. Oftmals befinden sich in Tampons und Binden, neben Parfüm und Duftstoffen, Rückstände von Chemikalien und Pestiziden. Diese gelangen durch den konventionellen Anbau der Baumwolle mit Dünger und Pflanzenschutzmittel in das Produkt. Zudem wird Polyester verwendet, um ein leichtes Einführen zu garantieren. All diese Faktoren können allergische Reaktionen verursachen und ein toxisches Schocksyndrom begünstigen, welches im schlimmsten Fall zum Tod führen kann.
„Schockierend ist vor allem, dass Hersteller nicht verpflichtet sind, Angaben zu den enthaltenen Stoffen, Fasern und Materialien auf der Verpackung zu machen. Es gibt keine Deklarationspflicht und keine Transparenz. Lediglich die Saugfähigkeit der Tampons muss vermerkt werden“, erklärt Sinja. „Unsere Produkte werden in Europa hergestellt, da es hier sehr hohe Standards im Bezug auf Produktion und Anbaukriterien gibt. Außerdem haben Länder außerhalb der EU andere Regulatoren und Vorschriften und diese sind meist sehr intransparent und werden zudem oft nicht eingehalten“, ergänzt Anni. „Uns ist wichtig, dass auf unserer Verpackung „Made in EU“ steht, da sind wir sehr stolz drauf!“
19 Prozent Tamponsteuer in Deutschland
Dass Tampons kein medizinisches Produkt sind und in den meisten Ländern der EU als „Luxusartikel“ gelten, macht sich nicht nur an den fehlenden Angaben bemerkbar, sondern auch an der Besteuerung der Produkte. So kommt es zum Beispiel in Deutschland dazu, dass man einen Strauß Schnittblumen oder Kaviar kaufen kann und dafür sieben Prozent Abschlag bezahlt. Für Tampons dagegen werden 19 Prozent berechnet. Hygieneprodukte müssen laut EU-Gesetzgebung mit mindestens fünf Prozent besteuert werden. Nur in Irland ist der abschlagfreie Kauf möglich, da die Steuerfreiheit auf diese Artikel schon vor den EU-Gesetzen eingeführt wurde. Es lehnten sich in den vergangenen Jahren viele Frauen und auch Männer gegen diese Regelung auf und waren in einigen Ländern erfolgreich. Im Dezember 2015 hat das französische Parlament die Steuer auf Tampons und Binden von 20 Prozent auf 5,5 Prozent gesenkt. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile eine Petition, allerdings ist der Protest hierzulande bei weitem nicht so ausgeprägt, wie er es in anderen Ländern war.
Trotzdem gilt es, nicht die Flinte ins Korn zu werfen, denn die zwei The Female Company-Gründerinnen sind zuversichtlich und motiviert, die Periode in Deutschland und europaweit mit ihren Designer-Boxen zu enttabuisieren. Mittlerweile versorgen sie neben Deutschland schon Österreich, Niederlande, England, die Schweiz und Dänemark mit ihren Hygieneprodukten – Tendenz steigend!