„Diese illegalen Einwanderer sind Kriminelle und wir müssen sie auch als solche behandeln.“
„Illegal Aliens" – Was an der mexikanischen Grenze passiert
Knapp eine Millionen Menschen haben zwischen Oktober 2023 und März 2024 unerlaubt die mexikanisch-amerikanische Grenze in Richtung USA überquert. Viele davon durchquerten dabei den Rio Grande. Der Fluss bildet eine natürliche Grenze zwischen dem Staat Texas und Mexiko, die sich über 2018 Kilometer erstreckt. Bei dem Versuch über das Gewässer in die Vereinigten Staaten zu kommen, sterben jährlich hunderte Menschen. Dieses Risiko nehmen sie jedoch in Kauf um ihr Ziel, die USA, zu erreichen.
An der Grenze zu Mexiko
Im Zentrum der „Border Crisis“ (zu Deutsch Grenzkriese) in den USA befand sich bis vor wenigen Wochen ein kleiner Ort namens Eagle Pass. Die Kleinstadt mit gerade einmal rund 28.000 Einwohnern ist vor allem in den letzten paar Monaten zu einem regelrechten Hotspot für Migrant*innen geworden. Höhepunkt dabei war Dezember 2023, als 250.000 Migrant*innen unerlaubt über die Grenze gekommen sind. Das liegt überwiegend an der geografisch abgelegenen Lage des Ortes, sowie an der im Vergleich weniger stark gesicherten Grenze. Während Staaten wie Arizona Grenzzäune errichten ließen, waren die einzigen Hindernisse vor Ort der Fluss, sowie vereinzelte Anlagen mit Stacheldraht. Dazu kommt noch, dass die Regierung der Vereinigten Staaten dieses Gebiet größtenteils vernachlässigt hat, um sich auf andere Regionen an der Grenze zu konzentrieren und diese zu sichern. Dabei beträgt das Budget für Immigration und Grenzschutz momentan umgerechnet zwischen 16 bis 17 Milliarden Euro. Diese „Lücke“ in der Grenze wurde von mexikanischen Kartellen ausgenutzt, welche die Schmuggelrouten in die USA kontrollieren. Dabei müssen Migrant*innen den Schleusern (Kojoten) teilweise mehrere Tausend Dollar bezahlen, um von ihnen auf die andere Seite des Flusses gebracht zu werden. Zu allen Strapazen kommen noch Anfeindungen aus der Politik und der Gesellschaft der Vereinigten Staaten dazu.
Entmenschlichende Begriffe wie „Illegal Aliens“ haben in den USA in den letzten neun Monaten wieder an Popularität gewonnen. Es bedeutet nichts anderes als „Illegaler Einwanderer“. Migrant*innen werden zudem in den Vereinigten Staaten immer wieder von der Politik instrumentalisiert. Prominentes Beispiel dafür ist der Streit zwischen Demokraten und Republikanern, oder in diesem Fall: Texas gegen die Regierung der USA.
Biden gegen Abbott
Die Verfassung der Vereinigen Staaten gibt der Regierung unter Joe Biden, dem amtierenden US Präsidenten, nahezu volle Autorität über das Thema „Immigration“. Ein Mann der damit nicht gerade zufrieden zu sein scheint, ist Greg Abbott, der Gouverneur des Staates Texas. Er gerät immer wieder in Konflikt mit Washington, da die Zentralregierung sich seiner Meinung nach nicht ausreichend um die Probleme an der Grenze kümmert. Die Republikaner*innen im Repräsentantenhaus blockierten allerdings erst im Februar ein Gesetz, welches härtere Asyl und Immigrationsregeln vorsah. Dies ist allerdings nicht die einzige Provokation des Gouverneurs. Abbott schickt beispielsweise Busse mit Migrant*innen überwiegend in die vor allem von den Demokrat*innen regierten Städte. Allein nach New York transportierte er dabei mehr als 40.000 Menschen seit August 2022. Solche Aktionen sollen laut den Demokrat*innen nur dazu dienen, um Unzufriedenheit vor Ort anzuheizen.
Bereits seit 2021 stellt Abbott sich gegen die Biden-Regierung und will die Probleme an der mexikanisch-texanischen Grenze selbst lösen. Die von ihm ins Leben gerufene Grenzschutz initiative „Operation Lone Star“ (Einsamer Stern) investierte seit 2021 bereits elf Milliarden US Dollar in Maßnahmen, um Menschen am illegalen Überlaufen in den Staat Texas zu hindern. Beispielsweise ließ er Stacheldraht und Zäune errichten, sowie eine Barriere aus Bojen im Fluss. Dies führte zu einem von vielen Rechtsstreits zwischen dem Staat Texas und den Vereinigten Staaten. Laut Biden wären diese Maßnahmen unter diesen Bedingungen zu gefährlich für Migrant*innen. Der Supreme court entschied schließlich zu Gunsten der Regierung, was dieser erlaubte, den Stacheldraht an der Grenze wieder zu entfernen. Abbott wies daraufhin die Texanische Nationalgarde an, den US-Grenzschutz daran zu hindern, die Barrieren zu entfernen. Obwohl das ein ernster Eingriff in die Arbeit des Staates darstellt, ist nach der Meinung des texanischen Gouverneurs diese Anordnung jedoch legal. Er, aber auch viele andere Republikaner*innen, betiteln Migrant*innen, welche illegal nach Texas einreisen, als Invasoren. Somit habe Texas laut Abbott ein Recht sich zu „verteidigen“. Eine Aussage, die von vielen seiner Gegner*innen als kritisch Angesehen wird.
Der Supreme Court ist als judikative Gewalt die oberste Instanz bei gerichtlichen Fragen in den USA. Die Entscheidungen, die getroffen werden, können nicht mehr angefochten werden, da nur die Verfassung über dem Supreme Court steht.
25 Staaten mit republikanischen Gouverneuren haben eine Petition unterzeichnet, welche Abbott in seinem Vorhaben unterstützt. Die Ansicht, illegale Migration sei eine Art „Invasion“, wurde jedoch bereits im Jahr 1800 von Persönlichkeiten wie James Madison abgelehnt und amerikanische Gerichte waren bisher der selben Meinung. Die Texanischen Grenztruppen behindern allerdings schon seit längerer Zeit die Arbeit des US-Grenzschutzes und der Staat Texas stellt sich weiterhin quer. Im März 2024 sollte zudem ein umstrittenes neues Gesetz in Texas in Kraft treten, das den Grenzübertritt ohne Visum zu einem Staatsverbrechen erklärt. Drei Wochen später wurde es allerdings wieder auf Eis gelegt, da es in den Asylprozess eingreifen würde. Diese Regelung hätte den texanischen Behörden das Recht gegeben, illegale Migrant*innen abzuschieben. Eine Angelegenheit die normalerweise in Regierungsverantwortung liegt.
Die Zahl von illegalen Einwandernden halbierte sich im Januar 2024 im Vergleich zum Vormonat auf etwa 125.000 und seither hat sich nicht besonders viel daran geändert. Abbott sieht seine „Maßnahmen“ zur Sicherung der Grenze als den Grund dafür. Dieser Rückgang von Migration in die USA ist allerdings zu dieser Zeit im Jahr nichts Ungewöhnliches, da dies bereits in den Jahren davor ebenfalls zu beobachten war. Die Blockaden der Republikaner*innen im US Repräsentantenhaus sorgen außerdem dafür, dass es kein Vorankommen in der Migrationsdebatte gibt. Abbott unterstützt das Vorgehen seiner Partei und betont, dass er keine Kompromisse eingehen werde. Die Demokrat*innen sehen das Ganze als „politischen Stunt", der Trumps Position beim aufkommenden Wahlkampf unterstützen soll. In Migrationsdebatte zeigt sich sehr oft, dass die USA tief in sich gespalten und von der Thematik überfordert zu sein scheint. Anstatt die Situation im Land selbst zu lösen oder sich auf die eigentlichen Probleme zu konzentrieren, wird lediglich versucht die Menschen am übertreten der Grenze zu hindern oder sie wieder abzuschieben. Während Abbot an seinen Plänen weiter festhält, gehen die Rechtsstreits zwischen ihm und der Zentralregierung weiter und es sieht nicht so aus, als würden sich die beiden Seiten in Zukunft annähern.