Der Kampf gegen Dämonen
Mit Gebeten oder Magie den Teufel aus einem Menschen zu treiben, klingt wie ein schon lang vergessenes Ritual. Die Teilnehmer eines viertägigen Treffens katholischer Exorzisten im süditalienischen Palermo beklagten noch letztes Jahr, dass es in Italien zu wenige Exorzisten gäbe. Laut ihnen sollen jährlich rund eine halbe Millionen Menschen einen Exorzisten suchen. Anders als in vielen anderen Ländern ist Exorzismus in Deutschland jedoch ein sehr skurriles Thema und wird meist mit Horrorfilmen in Verbindung gebracht. Doch nicht alle sind dem Thema so abgeneigt. Immer wieder gibt es Menschen, die sich für besessen halten und einen Exorzisten aufsuchen. Dieser soll ihnen mit Gebeten oder bestimmten Ritualen die Dämonen austreiben. Oftmals geschieht dies jedoch im Verborgenen, sodass es keine seriösen Statistiken darüber gibt, wie weit der Exorzismus in Deutschland eigentlich verbreitet ist. Häufig wird der Begriff mit der Kirche in Verbindung gebracht. Sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche werden Exorzismen durchgeführt. Bei den Katholiken ist das Phänomen jedoch öfter anzutreffen. Der sogenannte „Große Exorzismus“ (die Teufelsaustreibung) lässt sich aber nicht eben mal einfach durchführen. Laut dem Kirchenrecht von 1983 darf dieser nur mit der Genehmigung des Ortsbischofs von einem geeigneten Priester durchgeführt werden.
Doch was genau wird bei einem Exorzismus gemacht?
Dr. Harald Lamprecht, Beauftragter für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Evangelischen Lutherischen Landeskirche in Sachsen, erzählt, dass dies im Liturgiebuch festgelegt sei. „Der Fall Annelies Michel* erschütterte die katholische Kirche in Deutschland stark und führte dazu, dass ein Nachdenken über den Exorzismus und seiner Praxis erfolgte. Seitdem wurden bestimmte Kriterien aufgestellt. Es müssen nun zwingend Ärzte hinzugezogen werden. Das Zaubern mit göttlichen Namen wurde reduziert.“ Anders als meist angenommen handelt es sich hierbei also vorwiegend um eine fürbittende Form. Das heißt, dass gemeinsam mit dem Betroffenen für ihn gebetet wird. Es soll keine direkte Ansprache der Dämonen mehr stattfinden.
*Junge Studentin der 70er Jahre in Deutschland, die an epileptischen Anfällen litt. Priester haben das als eine Besessenheit gedeutet, als Strafe für die Fehler der Kirche im zweiten Vatikanischen Konzil. Die junge Frau hat sich in die Deutung der Priester hineingesteigert und war davon überzeugt, dass sie besessen ist und stellvertretend für die Kirche leiden muss. Es wurden immer wieder Exorzismen an ihr durchgeführt, jedoch völlig erfolglos. Zuletzt starb die Frau an Unterernährung und vielen Verletzungen.
Exorzismus durch Magie
Aber nicht nur die Kirche oder andere religiöse Instanzen führen Exorzismen durch. Auch der Magier Pavol Malenky behauptet von sich, Dämonen austreiben zu können. Im Durchschnitt empfängt er ein bis zwei neue Klienten im Monat. Dabei hilft er Menschen, die mit übernatürlichen Dingen konfrontiert werden. Laut ihm seien Dämonen vergleichbar mit Viren, welche den Körper befallen. Er hilft den Menschen sich psychisch, energetisch und spirituell zu erholen. „Gesunde junge Menschen können normalerweise nicht von einem Dämon befallen werden. Man muss eine bestimmte Schwäche haben. Zum Beispiel: Zu hoher Alkohol- oder Drogenkonsum, zu viel Stress oder ein Autounfall. Und dann können gewisse Entitäten den Menschen angreifen. Genauso wie bei einem Virus oder einem Wolf. Auch ein Wolf sucht sich ein schwaches, krankes Tier, welches leichter anfällig ist“, sagt Malenky.
Betroffene, welche sich an Malenky wenden, erkennen selbst, dass sie eine Austreibung brauchen. Der Betroffene fühlt sich schwach und hört Stimmen. Dies kann ausgelöst werden durch ein bestimmtes Ereignis, wie zum Beispiel ein Fluch durch jemanden, oder ein Krankheitsfall. Der Magier arbeitet dann mit Energien, um die Dämonen aus sogenannten „inneren Zentren oder Chakren“ rauszuholen. Dies erfordert mehrere Sitzungen, da es meist ein langwieriger Prozess ist. Darüber hinaus muss der Klient auch eine gewisse Zeit lang meditieren und positive Literatur lesen. „Dämonen mögen positive Literatur nicht“, behauptet Malenky. Doch auch er kann nicht jedem helfen. Wenn ein Dämon bereits zu viele Energiezentren des Menschen befallen hat, könne er nichts mehr tun. Die Psychiatrie sei dann die letzte Station.
Heilung durch Exorzismus. Wahrheit oder Aberglaube?
Ob man an die Existenz von Dämonen und deren Kraft, einen Menschen zu befallen, glaubt oder nicht, bleibt am Ende wohl jedem selbst überlassen. Dennoch ist Vorsicht geboten. Es gibt viele angebliche Exorzisten, die eine psychische Krankheit des Patienten ausnutzen, um sich selbst zu bereichern. Dies führte in einigen Fällen sogar zum Tod. Dr. Lamprecht selbst glaubt nicht an eine Besessenheit dieser Art . Er meint, dass der Exorzismus auch heutzutage nicht gerade ungefährlich sei. Seine Skepsis gegenüber dem gegenwärtigen Exorzismus begründet sich daraus, dass er das Gefühl habe, dass den Menschen meistens nicht geholfen wird, sondern im Gegenteil: „Es wird nicht ihr Vertrauen in Gott gestärkt, sondern die Angst vor dem Teufel.“