„I can buy myself flowers“
Flowers: Kauf ich mir selbst

Spoiler: Ich kaufe mir heute Tulpen. Pinke. Für mich selbst. Ganz ohne besonderen Anlass. Doch fünf Minuten zuvor: Ich laufe in den Supermarkt bei mir um die Ecke. Eigentlich will ich nur Pasta und Gummibärchen kaufen. Am Eingang: frische Blumen in Eimern. Wie immer strahlen sie in den schönsten Farben. Da sehe ich sie: Tulpen. Pinke mag ich am liebsten. Mein Blick schweift nach links Richtung Einkaufskörbe – Geh einfach weiter Leana, heute steht noch viel an – denke ich mir. Mein Blick rutscht wieder nach rechts. Pinke Tulpen. Durch meine Kopfhörer trällert Miley Cyrus: „I can buy myself flowers“. Das gibt mir den letzten Ruck. Klar kannst du das, Miley. Aber ich auch? Ach, was soll’s. 2,29€. Ich greife entschieden in den Eimer und schnappe mir einen Strauß Tulpen. Pinke Tulpen. Und weiter geht’s.
In einer Beziehungskultur von „Kauf-mir-Blumen-aber-ich-will-dir-nicht-sagen-dass-du-mir-Blumen-kaufen-sollst“ gehe ich los und nehme das einfach selbst in die Hand. Doch eigentlich liegt das Problem viel tiefer. „Flowers“ ist ein Lied, das sich nicht nur wie eine Antwort auf vergangene Enttäuschungen anfühlt, sondern wie ein Manifest für eine neue Art von Liebesgeschichte: Nämlich die mit uns selbst. Die mit mir selbst.
Tulpen-Therapie
Was sich wie ein simpler Pop-Refrain anhört, ist eigentlich ein kleiner Weckruf im Alltag. Ein Blumenstrauß für mich selbst? Warum denn nicht? Warum warten, bis uns jemand anderes wertschätzt, wenn wir den Anfang einfach selbst machen können? Für mich bedeutet es: Tulpen-Therapie. Das Gefühl, sich einfach etwas zu gönnen – auch ganz ohne Anlass, ohne Grund.
Miley Cyrus zeigt uns mit „Flowers“, dass es völlig okay ist, sich selbst zu lieben. Aber eigentlich ist er für alle da. Für uns alle, die manchmal vergessen, wie stark wir sind, weil wir immer nur darauf achten, was uns fehlt. Tulpen-Therapie: In akuten Fällen von Selbstzweifeln empfohlen. Rezeptfrei. Nebenwirkungen: Gute Laune und blühende Kraft!
Also ja: Ich kaufe mir meine Tulpen selbst. Nicht, weil niemand sonst es könnte. Sondern weil ich's kann.
Ein Blick zurück:
Bruno Mars singt in „When I Was Your Man“ über das, was er versäumt hat – „I should´ve bought your flowers“. Tja – hätte, hätte, selbstgewählte Facette. Miley antwortet über ein Jahrzehnt später mit: „I can buy myself flowers“. Sie dreht den Spieß um und schreibt sich selbst den Liebesbrief, den sie nie bekommen hat. Damit setzt sie ein Zeichen für Viele. Für Cyrus Fans, für Singles und für mich. Es geht um Selbstachtung. Um das Gefühl, nicht länger auf Reparatur von außen zu warten, sondern sich selbst nicht hintenanzustellen. Klingt kitschig? Vielleicht. Funktioniert trotzdem.
Und dann sind da die Zeilen, die mich ganz still machen. „We were good, we were gold”. Viele kennen es vielleicht. Diese Beziehungen, die sich anfühlen, als wären sie aus einem Film – zu perfekt, um real zu sein, und trotzdem ist man mittendrin. Zumindest bis zu dem Moment, wo alles kippt. „We were right, 'til we weren't“. So simple und doch so schwer. Wie viele von uns halten an Dingen fest, weil sie mal gut waren? Weil sie sich richtig angefühlt haben, obwohl sie längst wehtun? Auch Miley weint. Aber dann: Sie erinnert sich an sich selbst. Und genau da liegt der Twist. Ein Moment der Klarheit. „Started to cry, but then remembered I…“. Break-up-Erleuchtung. Ich darf traurig sein, aber ich soll auch weitermachen. Weinen: Ist also vollkommen okay. Aber dann: Tanzen wir weiter und machen das, was uns selbst guttut. Deal?
Mehr als nur pinke Tulpen
Doch es geht nicht nur um pinke Tulpen. Nein – auch Tanzen, Spaß haben, Feiern. Wenn du Lust dazu hast, dann go for it. Sie singt: „I can take myself dancing“. Es geht darum, nicht auf den perfekten Partner, das nächste Event oder den einen Moment zu warten, in dem plötzlich alles Sinn ergibt. Sondern einfach loszugehen. Mit sich selbst. Denn wie oft machen wir unsere Pläne, unsere Laune oder unser Glück von anderen abhängig? „Flowers“ durchbricht diese Logik.
Der Song ist wie eine Anleitung zum Loslösen – von Erwartungen, klassischen Liebesdrehbüchern und vom Gedanken, dass Selbstfürsorge zu egoistisch ist. Also, wann hast du dir eigentlich das letzte Mal Blumen selbst gekauft?
Dieser Beitrag ist Teil des Kolumnenformats „Der Sound unserer Zeit". Weitere Folgen der Kolumne sind:
- Bauch, Beine, Po –was mir der Song über meinen Körper sagen will
- Optimismus auf Play
- Bad Guy – oder warum ich lerne, weniger nett zu sein
- Bilder im Kopf – Eine Liebeserklärung an die Erinnerung
- Morgen ist auch nur ein neues Jetzt
- Blauer Ballon - Erinnerung an ein Nie-Wieder
So gut, dass einmal hören nicht reicht – fanden zumindest unsere Redakteurinnen. Deswegen gleich zweimal: