Nachhaltige Konten – Greenwashing oder Überzeugung?
Bis zuletzt profitieren Banken, unter anderem durch ihre Investitionen in gewinnbringenden Branchen. Leider schaden solche Branchen sehr oft unserem Planeten. Ich, als junger Mensch, mitten im Studium, möchte nicht, dass mein Geld, unmoralisch investiert wird. Schließlich achte ich privat nicht ohne Grund auf meinen Plastik-, Fleisch- oder CO₂-Konsum. Nur um dann festzustellen, dass meine Bank mit Firmen zusammenarbeitet, die zum Beispiel Erdöl im großen Stil fördern oder die Abholzung des Regenwalds zu verantworten haben. Banken können dennoch grüne Projekte fördern und der Umwelt etwas Gutes tun.
Ich persönlich suche immer wieder neue Möglichkeiten, wie ich noch grüner leben kann. Ich habe mir viele Fragen gestellt, wie es funktioniert, nachhaltig Geld anzulegen und habe einen Selbstversuch gestartet. Der erste logische Schritt für eine junge Person ohne viel Erfahrung ist? Richtig, ein Beratungsgespräch.
Beratung oder Verwirrung?
Auf dem Weg zum Beratungsgespräch steigt die Spannung, was ich zu diesem Thema erfahren werde. Wie neutral und sachlich kann ich dem ganzen Thema folgen? Ich bin sehr angetan von der Idee, mit ein paar Schritten, ohne viel Mühe der Umwelt etwas Gutes zu tun. Doch der Hype um das aktuelle Interesse an der Nachhaltigkeit ist auch den Banken bewusst. Werde ich jetzt gleich aufdringlich zu einem Vertragsabschluss überredet oder steckt auch eine gewisse Überzeugung hinter dem Thema? Ich lasse mich überraschen.
Ich werde in dem mächtigen Foyer der Bank von meiner Beraterin abgeholt und wir steuern auf ein kleines Beratungszimmer zu. In einem einfachen und lockeren Einstiegsgespräch sprechen wir über meine Einkünfte und meine Einschätzung, wie viel Geld ich monatlich anlegen möchte und inwiefern dieses nachhaltig sein soll. Zuerst erklärt sie mir, was Investmentfonds sind und wie sie funktionieren. Investmentfonds sammeln das Geld von Anlegern. Das Geld wird dann vom Fondsmanager an den Finanzmärkten für die Anleger investiert. Der Fondsmanager investiert nicht nur in eine Aktie (Aktienfonds) oder in eine Anleihe (Rentenfonds), sondern in mehrere, was viele Kunden wollen.
Nach der Erklärung zeigt sie mir verschiedene Varianten für die Bereiche Nachhaltigkeit und Digitalisierung. In den Anlagevarianten wird mir gezeigt, worauf sich die einzelnen Fonds spezialisieren und dass diese auch wirklich durchgesetzt werden. Zwischendurch fragt sie mich, ob ich Fragen habe und es auch verstehe. Das fällt mir schwer. So versucht sie mir, mit vielen Schaubildern, die Anlagemöglichkeiten besser zu veranschaulichen. Zum Beispiel, welches „Regelmäßige Sparen“ am besten zu mir passt und ab welcher Laufzeit eine Erhöhung der Anlage zu erkennen ist. Ich werde besser eingebunden. Dennoch bin ich froh, dass die Beratung hier endet. Ich bekomme noch Infomaterial für zu Hause mit.
Raus aus dem großen Bankgebäude. Ich muss erstmal tief durchatmen. Aufnahmefähig bin ich jetzt auch nicht mehr.
In den eineinhalb Stunden meines Beratungsgesprächs kam in mir immer wieder das Gefühl der Verwirrung und Verlorenheit hoch. Das ganze Thema ist komplex und vielschichtig. Nach jedem Satz gab es neue Informationen. Das Thema wurde mir nun dargelegt und eröffnet. Jetzt möchte ich mich zu Hause noch selbstständig mit dem Thema befassen. Unter anderem, um unabhängig zu sein und um herauszufinden, ob meine Bank auch für diesen speziellen Wunsch nach nachhaltigen Konten die richtige ist.
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Selbst ist die*der nachhaltige Kontoinhaber*in
Im Gegensatz zu Ann-Sophie in ihrem kalten, monumentalem Bankgebäude, sitze ich in meinem gemütlichen und warmen Wohnzimmer. Ich nehme die Infomationsbeschaffung selbst in die Hand und google ganz naiv den Suchbegriff „nachhaltige Konten“. Die Top-Ergebnisse sind hierzu alles Treffer, die mich direkt auf die Internetseiten der Banken leiten. Diese hätten natürlich gerne, dass ich ein Konto bei ihnen eröffne.
Nutzer*innen sollen auf den Internetseiten davon überzeugt werden, dass die Banken genauso interessiert seien an der Umwelt, wie man selbst. Doch sofort stelle ich mir die Frage, wie überzeugt sind die Banken wirklich von solchen nachhaltigen Projekten? So richtig angeboten werden diese Konten erst, seitdem der gesellschaftliche Hype zunimmt. Davor standen die Banken hauptsächlich auf der Seite des Profits und nicht der Moral und Ethik hinsichtlich unseres Klimas und der Umwelt. Außerdem bekommen Bankberater*innen Provisionen für abgeschlossene Verträge. Wie viel Greenwashing steckt hinter den nachhaltigen Angeboten der Banken?
Ich habe mich auf die Suche nach verbraucher*innenfreundlicheren Auskünften gemacht und bin auf die Seite fairfinanceguide gestoßen.
Der Fair Finance Guide Deutschland gehört zu der Initiative Fair Finance International. Diese Koalition von Organisationen entwickelt für Verbraucher*innen Bewertungsmethoden, damit wir uns im Dschungel der Anlagepolitik der Banken, Versicherungen und Pensionsfonds zurechtfinden können. In einer Auflistung lässt sich schnell Überblick verschaffen. Daraus erfährt man, wie konsequent die Banken ihre Aspekte der sozialen und ökologischen Themen wirklich behandeln. Sprich, welche Zusagen und Verpflichtungen werden bei den jeweiligen Banken auch tatsächlich in die Praxis umgesetzt.
Direkt fällt mir auf, dass viele Banken sich besser verkaufen, als sie anscheinend sind. Die Übersicht auf der fairfinaceguide-Seite gibt durch die Balkendiagramme, eine klare und einfache Auskunft, wie nachhaltig die Banken wirklich sind. Klar, die meisten Banken haben Strukturen, die bereits lange bestehen. Sie sind eng mit der Industrie und der Wirtschaft verwoben. Solche Geschäftsbeziehungen lassen sich nicht von heute auf morgen abkappen. Dennoch Forschungsergebnisse, die belegen, dass es der Umwelt immer schlechter geht, sind mehrere Jahrzehnte alt. Und erst jetzt schalten sich die Banken ein und bekennen eine gewisse Verantwortung. Deshalb sollte man bei Interesse für grüne Banken auf jeden Fall erstmal Verbraucher*innen Seiten aufsuchen und Non-Profit Organisationen mehr glauben, als der durchaus geschickten Unternehmenskommunikationen der Banken. Traditionelle Banken tun sich schwer, alte Strukturen zu ändern und so bleibt das Thema rund um nachhaltige Konten nur eine kleine Nebensache. Greenwashing ist hier oft großgeschrieben.
Aber neue, moderne und digitale Banken oder Banking-Anbieter*innen können Alternativen bieten. Banking-Anbieter*innen haben noch keine Lizenzen und arbeiten mit anderen Banken zusammen. Sie werben mit einfachem, übersichtlichem und schnellem Bankwesen, welches nutzer*innen- und umweltfreundlich sein soll.
Das Wort zum Schluss
Was habe wir jetzt eigentlich alles gelernt? Man kann sagen, dass es nie zu früh ist Geld anzulegen, egal ob 20 Euro oder 50 Euro. Je früher, desto besser. Vor allem in Richtung Nachhaltigkeit: Die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien kann sich positiv auf die Rendite auswirken und gleichzeitig Risiken der Anlage reduzieren. In Thema Nachhaltigkeit kann nichts falsch gemacht werden, solange keine kurzfristigen Schlüsse gezogen werden. Es ist auch ratsam nicht nur die Hausbank oder die Recherche im Internet zu berücksichtigen. Das persönliche Umfeld bietet Erfahrungen und lohnt sich anzusprechen, denn Banken sprechen nicht über ihre Nachteile oder welche Werte nicht beachtet werden. Ebenfalls ratsam ist es, verschiedene nachhaltige Anlagen zu vergleichen. Viele Banken bieten dennoch eine große Anzahl an guten, nachhaltigen Anlagemöglichkeiten an. Am Ende sollte es zwischen der Bank, dir und der Umwelt eine Win-win-Situation geben.