Die Dunkelheit besiegen: Warum die Zeitumstellung überholt ist
Macht der ganze Quatsch denn überhaupt wirklich Sinn? „Im Frühling kommen die Gartenmöbel vors Haus, im Herbst wieder zurück in die Garage“. „Spring forward, fall back“. Sprüche, um sich die Richtungen der Zeitumstellungen zu merken. Eine Stunde vor im Frühling und dann im Herbst eine fatale Stunde zurück. Auf einmal wird es um halb sechs dunkel, der Körper ist verwirrt, ebenso der Kopf. Wieso tun wir uns das alles überhaupt an? Letztendlich verschuldet die Winterzeit doch nur, dass der saisonal in den kalten Monaten eintretende „Winterblues“ die Menschen schon viel früher schlecht stimmt. Ohne das nötige Vitamin D ist die Moral bekanntlich angeschlagen, wieso den Menschen noch eine Stunde am Abend nehmen, in der sie in der Sommerzeit mit Leichtigkeit noch rausgehen oder Erledigungen machen würden?
Die erste Einführung der Sommerzeit in Deutschland erfolgte im Jahr 1916 – wobei die momentan gültige Sommerzeit erst im Jahr 1980 eingeführt wurde. Die Entscheidung für eine Zeitumstellung entstand aus der Überzeugung, dass so Energie gespart werden könne, da man mehr Tageslicht nutzen würde. Daher auch der Name für die Zeitumstellung in englischsprachigen Ländern: „Daylight Saving Time“. Mitschuld an der Umstellung der Normalzeit zur Sommerzeit hatte sicher auch die 1973 in Deutschland herrschende Ölkrise. Also soll die Zeitumstellung energiesparend wirken – nur blöd, dass das Büro für Technik-Abschätzung (TAB) im Auftrag des Bundestags dieses Thema untersuchte und dabei im Jahr 2016 zu ernüchternden Ergebnissen kam. Laut dem TAB lassen sich nach neueren Untersuchungen „bestenfalls nur sehr geringfügige Energieeinsparungen realisieren“. In einer Modellsimulation zum Stromverbrauch deutscher Haushalte für Beleuchtungszwecke wurde eine Verbrauchsminderung von gerade mal 0,8 Prozent bezogen auf den Jahresstromverbrauch ermittelt.
Neben der Tatsache, dass die Zeitumstellung anscheinend nicht mal wirklich ihren Sinn und Zweck erfüllt, hat sie zusätzlich auch noch negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Laut einer Befragung der DAK aus dem Jahr 2023 hatte ein Viertel der Deutschen schon einmal gesundheitliche Probleme infolge der Zeitumstellung und bei fast der Hälfte hielten diese mindestens eine Woche an – bei jedem Vierten sogar bis zu einem Monat. Dazu zählen Beschwerden wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit (85% betroffen), Schlafstörungen (63%), Konzentrationsschwierigkeiten (36%) und Gereiztheit (32%). Zudem litten 16 Prozent an depressiven Verstimmungen und 19 Prozent kamen wegen der Umstellung morgens zu spät zur Arbeit. Die Zeitumstellung wirkt auf die Menschen wie ein kleiner Jetlag. Ja, diese Auswirkungen sind zwar nicht besonders langanhaltend und haben auch (meist) keine schweren Folgen, aber sind sie nicht irgendwie auch unnötig und – und das ist der springende Punkt – vermeidbar?
Laut der DAK-Befragung stimmen mehr als drei Viertel der Befragten dieser Aussage zu. Die Mehrheit (55%) spricht sich dabei für eine dauerhafte Sommerzeit aus. In diesem Szenario würde die Sonne im Winter erst gegen 9:30 Uhr aufgehen – die Morgen im Winter sind aber immer dunkel und kalt, da ist die eine Stunde Helligkeit am Ende des Tages die bessere Option.
Ob die Zeitumstellung in direktem Zusammenhang mit erhöhten Verkehrsunfallzahlen steht, ist umstritten – klar ist aber, dass sie keinen positiven Einfluss darauf haben kann. Einige Studien, etwa von J. Varughese und R.P. Allen, belegen, dass Schlafmangel und Verhaltensänderungen, die mit der Umstellung in Zusammenhang gebracht werden können, einen signifikanten Anstieg der Zahl an tödlichen Unfällen in den USA zur Folge hatten.
Die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit und umgekehrt war ursprünglich eine gute und kreative Idee, um den Energieverbrauch zu mindern. Inzwischen lässt sich erkennen, dass sie neben einem minimalen Einsparen von Strom mehrheitlich negative Folgen für die Bevölkerung birgt. Besser wäre es, Alternativen zur Energieeinsparung zu erforschen und testen, unter denen die Bevölkerung nicht leidet und mehr Energie gespart werden kann. Wieso lassen wir die Gartenmöbel also nicht einfach vor dem Haus und sonnen uns in dem, was uns vom Tageslicht übriggeblieben ist?