Beachvolleyball

Eine Sportart verbindet Europa

Lucas (rechts) springt hoch, um den Ball zu blocken.
19. Mai 2018

Eine Woche lang durch den Sand quälen und danach körperlich komplett am Ende sein. Das hört sich für viele überhaupt nicht nach Entspannung an. Lucas Ledermann und viele andere Beachvolleyball-Fans empfinden dies als eine Art von Urlaub. Sie reisen hierfür sogar ins europäische Ausland.

Mit schmerzverzerrtem Blick und einem tiefen Stöhnen setzt sich Lucas auf die Tribüne am Center-Court. Die Sonne brennt auf seine Haut. In den letzten fünf Tagen hat er sich täglich vier bis fünf Stunden durch den Sand gewühlt. „Körperlich bin ich jetzt komplett am Ende“, sagt er. Trotzdem könne er hier die Seele mehr baumeln lassen als in jedem Entspannungsurlaub.

Lucas ist 22 Jahre alt und leidenschaftlicher Beachvolleyballer. Es ist der letzte Traningstag des Beachlinefestivals in Riccione, Italien. Das zweite Jahr in Folge bereitet er sich hier, zusammen mit rund 2.000 anderen Campteilnehmern, auf die angehende Beachsaison im Sommer vor.

„Es ist Sport, es ist ein Trainingscamp, aber es ist auch Urlaub.“

Lucas Ledermann

Immer mehr BeachvolleyballerInnen treibt es zum Trainieren ins europäische Ausland. Zahlreiche Anbieter veranstalten über das Jahr verteilt Beachvolleyball-Camps, in denen die SpielerInnen ihre Fähigkeiten im Trendsport Beachvolleyball verbessern können. Sie finden unter anderem in Portugal, Spanien, Griechenland und Italien statt. Besonders nachgefragt sind die Camps am Anfang des Jahres zur Saisonvorbereitung. Die beach-volleyball.de GmbH richtet daher alljährlich in der Woche nach Ostern das Beachlinefestival aus. In diesem Jahr bereits zum 21. Mal.

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Beach-Camps in Europa | Quelle: Tobias Bachmann

Lucas’ Augen funkeln, als er den Strand in diesem Jahr zum ersten Mal erblickt. Gelbe Beachvolleyballnetze, so weit das Auge reicht. Mit rund 250 Beachvolleyballfeldern, verteilt auf ungefähr zwei Kilometern Strand, ist das Beachlinefestival in Riccione das größte Beachvolleyballcamp Europas. Er freut sich auf die „wahnsinnige Festivalstimmung“. Es fühlt sich für ihn an wie eine kleine Gemeinde. „Jeder ist offen und hilft einem.“ Zudem ist er dankbar dafür, dass er an einem der schönsten Strände des Kontinents trainieren darf. Dies hat er den offenen Grenzen Europas zu verdanken und war früher nicht ohne weiteres möglich.

Ein Meer aus Beachvolleyballfeldern mit Spielern aus verschiedenen Ländern Europas.

8:15 Uhr. Tageslicht scheint zwischen den Vorhängen hervor. Der Wecker von Lucas klingelt. Es ist Zeit zum Aufstehen. Heute findet das erste Training der Woche statt. Lucas weiß bereits, dass seine Beine nicht mehr lange so fit sein werden. Trotzdem freut er sich auf den Tag. Die Teilnehmer des Beachlinefestivals wählen bei der Buchung zwischen vier verschiedenen Hotel-Kategorien. „Low budget“ ist dabei die günstigste Variante. Lucas hat sich, zusammen mit seinem Beachpartner, auch in diesem Jahr wieder für jene entschieden. Er freut sich über das einhemische Personal in den kleineren Hotels. Die lebhafte Art der italienischen Kultur gefällt ihm.

„Nach einer Woche beachen ist dir egal, ob du auf dem Boden schläfst oder eine Matratze hast.“

Lucas Ledermann

Mit seinem Beachvolleyball-Rucksack auf den Schultern geht Lucas die Strandpromenade entlang in Richtung Organisationszelt. Über der langen Funktionsunterwäsche trägt er heute ein rotes Beachtop und eine schwarze Sporthose. Im Reisegepäck hat er fast nur Sportklamotten. „Mehr als eine Jeans brauchst du nicht. Ganz wichtig sind Beachsocken, falls es mal nur zwölf Grad hat.“ Diese Socken aus stabilem Neopren schützen die Fußsohlen gegen Hitze oder Kälte. Schuhe kommen beim Beachvolleyball nicht zum Einsatz. Am Zelt angekommen warten bereits die anderen Camp-Teilnehmer und knapp 80 Trainerinnen und Trainer gespannt auf die Gruppeneinteilung. Davon sind in diesem Jahr unter anderem 13 Trainer aus Österreich von der Firma Beachvolley Wien mit dabei. Der 27-jährige Geschäftsführer Tarek Mohamed ist sich sicher, dass die Trainer durch den Austausch am Beachlinefestival sehr viel mitnehmen können.

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Das Training dauert täglich zweieinhalb Stunden. Von 9:30 bis 12:00 Uhr werden Übungen gemacht, in denen die verschiedenen Techniken und Taktiken geschult werden. So wird unter der Anweisung des zuständigen Trainers fleißig gebaggert, gepritscht, geschlagen und geblockt. Lucas hat am meisten Spaß beim Aufschlag und Angriff. „Daran muss ich noch am meisten arbeiten“, erzählt er. Die Trainingsgruppen beim Beachlinefestival bestehen aus maximal zwölf Personen. Lucas sagt, dass seine Gruppe in diesem Jahr besonders homogen ist. Dies lässt sich auf die gute Organisation des Camps zurückführen, da jeder Teilnehmer im Voraus des Festivals einen Fragebogen über seine Erfahrungen im Volleyball ausfüllen muss.

Turniere können die Trainingscamp-Teilnehmer und Trainer nachmittags spielen. Dort ist es für Lucas besonders interessant, gegen Leute anzutreten, die er nicht kennt und teilweise auch aus anderen Nationen kommen. „Diese Gegner sind schwer einzuschätzen. Sie sind wie eine Blackbox – eine Überraschungskiste, deren Inhalt du nicht erraten kannst“, scherzt er. Der Beachvolleyballtrainer Markus Gröber aus Italien (Südtirol) erklärt, warum es so wichtig ist, über die eigenen Landesgrenzen hinweg gegen andere Nationen anzutreten.

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Auch für den luxemburgischen Trainer Thierry Decker ist der europäische Austausch im Beachvolleyball sehr wertvoll für eine gute Entwicklung des eigenen Spiels.

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Halbzeit in Riccione. Die Sonne steht bereits tief am Horizont, als sich Lucas mit dem Beachvolleyball-Profi Paul Becker unterhält. Dieser bereitet sich zusammen mit seinem Teamkollegen Jonas Schröder ebenfalls hier in Riccione auf die Saison vor. Die beiden gehören auf den Turnieren der Techniker Beach Tour 2018, der ranghöchsten Turnierserie Deutschlands, zum engen Kreis der Favoriten. Für Amateurspieler Lucas ist es eine große Inspiration, an Beach-Camps mit professionellen Spielern in Kontakt zu treten. 

„Der kulturelle Austausch auf den Beach-Camps hat mich spielerisch und persönlich auf ein neues Level gebracht.“

Das letzte Show-Training auf dem Center-Court ist zu Ende. Die Sonne brennt nun nicht mehr auf der Haut. Der kulturelle Austausch in Riccione hat Lucas auch in diesem Jahr sehr inspiriert. Der 22-Jährige freut sich darauf, die europäische Beachszene auch im kommenden Jahr wieder auf einem Beach-Camp seiner Wahl zu treffen.