„Wenn ich einen Tarantino-Film schaue und Samuel L. Jackson nicht auftaucht, bin ich im ersten Augenblick ein bisschen verwundert.“
„Füße sind schon irgendwie sein Ding”
Mit dem Mindset „Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist" hat Quentin Tarantino bereits vor einiger Zeit eine klare Entscheidung für seine Karriere getroffen. Schon im Jahr 2012 kündigte der Regisseur an, nach seinem zehnten Kinofilm „in Rente" gehen zu wollen. Die Gründe dafür lagen in seiner Überzeugung, dass die schlechtesten Filme eines Regisseurs üblicherweise zum Ende der Karriere erscheinen würden und ein misslungener Film den Ruf von ganzen drei erfolgreichen Werken beeinträchtigen könnte.
Nun, nach neun erfolgreichen Filmprojekten steht Quentin Tarantino kurz vor der Vollendung seines zehnten und angekündigten letzten Werks, womit er einem Versprechen aus vergangenen Jahren nachkommen würde. Tarantino, geboren am 27. März 1963 in Knoxville, Tennessee, hat sich als einer der einflussreichsten Filmemacher unserer Zeit etabliert. Sein besonderer Filmstil hat einen großen Einfluss auf die Filmindustrie. Tarantinos letzter Film „Once Upon a Time in Hollywood” spielte im Jahr 2019 über 377 Millionen US-Dollar in die Kinokassen. Mit seinen weltweit bekannten Filmen, wie „Pulp Fiction", „Kill Bill" und „Django Unchained" hat er eine Art Marke für sich selbst erschaffen.
Dabei fällt besonders auf, dass innerhalb seiner Produktionen ein eingespieltes Netzwerk aus wiederkehrenden Schauspieler*innen und anderen Teammitgliedern steckt. Mithilfe einer Netzwerkanalyse haben wir die einzelnen Verbindungen der Akteur*innen visualisiert und erforscht, um ein Verständnis für die Zusammenhänge zu schaffen. Dabei wurden alle Daten online und händisch seinen Filmen und Produktionen entnommen.
Die enge Verbindung zwischen Quentin Tarantino und den wiederkehrenden Schauspieler*innen prägen einen Großteil des Netzwerks. Schauspieler*innen wie Samuel L. Jackson, Uma Thurman und Brad Pitt haben im Laufe der Jahre mehrfach mit Tarantino zusammengearbeitet und tragen zum Netzwerk bei. Tarantino legt Wert auf vertraute Gesichter.
Es sind aber nicht nur die Schauspieler*innen, die wiederkehren. Verschiedene Rollen innerhalb der Filmproduktion und Filmcrew scheinen ebenfalls von großer Bedeutung für Tarantino sein. Von Kameraleuten bis hin zu den Produzent*innen, bilden auch diese Fachleute ein Netzwerk von eigenen Beziehungen.
Auch die Verbindungen der Akteur*innen untereinander ist interessant. Schauspieler*innen, die in einem Tarantino-Film mit einer bestimmten Person aus der Filmcrew zusammengearbeitet haben, könnten bei einem späteren Projekt wieder mit der gleichen Person zusammenarbeiten. Diese wiederkehrenden Verbindungen zwischen verschiedenen Berufsfeldern innerhalb des Filmnetzwerks sind besonders aufschlussreich.
Ebenfalls interessant ist, dass Tarantino eng mit der Cutterin und Filmeditorin Sally Menke zusammengearbeitet hat. Sie war eine langjährige Freundin und Arbeitskollegin und schnitt ab 1992 bis zu ihrem Tode im Jahre 2010, so gut wie jeden Film von Tarantino. Darunter „Reservoir Dogs" (1992), „Pulp Fiction" (1994), „Jackie Brown" (1997), „Kill Bill: Volume 1" (2003), „Kill Bill: Volume 2" (2004), „Inglourious Basterds" (2009) und andere.
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Das Geheimnis hinter den Wiederholungen
Doch warum setzt Tarantino auf diese Wiederholungen? Wir haben dafür mit dem Filmkritiker und Moderator des Youtube-Channels FILMSTARTS, Sebastian Gerdshikow, gesprochen. „Ich glaube, wenn du häufiger mit den gleichen Schauspielern zusammenarbeitest, kannst du auch spezifischer für sie schreiben. Man kann überlegen: Was sind die jeweiligen Stärken, was sind die Schwächen und wie kann man diese bestmöglich ausspielen und nutzen.” Tarantino nutzt die Wiederholungen also als Möglichkeit, um das Beste aus seinen engsten Schauspieler*innen rauszuholen und so seine Rollen zu kreieren.
Qualität durch Kontinuität
In Tarantinos Filmuniversum werden die wiederkehrenden Gesichter zu einer Art Weggefährten. Er entscheidet sich also ganz bewusst, mit dem gleichen Team und den gleichen Schauspieler*innen zu arbeiten. Die Vertrautheit der Gesichter vor und hinter der Kamera sind ausschlaggebende Punkte für seinen filmischen Stil. „Du weißt sofort, du bist in einem Tarantino-Film. Allein von der Art und Weise, wie die Figuren geschrieben sind. Du hast lange Dialoge und Monologe, dann kommen wieder intensive Action-Sequenzen. Er hat seinen Stil gefunden und das wird durch die Schauspieler immer sehr gut untermauert”, so Sebastian.
In der Analyse des Netzwerks zeigt sich, dass Akteure wie „Brad Pitt," „Bruce Willis", und „Christoph Waltz" besonders starke Verbindungen im Gesamtnetzwerk aufweisen. Diese Schauspieler prägen nicht nur durch ihre individuellen Rollen, sondern auch durch ihre wiederholte Zusammenarbeit mit Quentin Tarantino, das Netzwerk.
Die Zuschauer haben eine gewisse Erwartungshaltung, wenn es um die Filme von Tarantino geht. „Wenn ich einen Tarantino-Film schaue und Samuel L. Jackson nicht auftaucht, bin ich im ersten Augenblick ein bisschen verwundert“, erklärt Gerdshikow. Diese wiederholenden Gesichter seien charakteristische Merkmale, die für Tarantinos Filme stünden. Das Wiedersehen auf der Leinwand mit den gleichen Schauspieler*innen würde den Zuschauer*innen ein angenehmes Gefühl vermitteln. „Man bekommt das Gefühl, dass eine kleine Familie entstanden ist“, so Gerdshikow.
Fußfetisch oder Running Gag
Nun, die wichtigste Frage haben wir uns zuletzt aufbewahrt. Wer die Filme von Quentin Tarantino verfolgt und sich ein wenig mit den szenischen Handlungen befasst, wird schnell konfrontiert mit den Vermutungen, die online kursieren, rund um einen möglichen Fußfetisch. In fast jedem Film von Tarantino gibt es mindestens eine Nahaufnahme von einem Fuß, der gerne auch mal komplett nackt in die Kamera gestreckt ist oder ausgiebig abgeschleckt wird. Aber was ist dran an den Vermutungen?
„Füße sind schon irgendwie sein Ding.”
Es lässt sich wohl nicht bestreiten, dass Tarantino einen Hang dazu hat, besonders weibliche Füße in Szene zu setzen oder sie zum Thema zu machen. Ob nun die Füße von Margot Robbie in „Once Upon a Time in Hollywood” oder die laufenden Gespräche über Fußmassagen in „Pulp Fiction”. Sebastian Gerdshikow, kann aber sagen: „Füße sind doch schon irgendwie sein Ding.”
Tarantino selbst verteidigte bereits in mehreren öffentlichen Interviews die Darstellung von Füßen. Dies sei eine Praxis, die auch von anderen großen Regisseuren wie Alfred Hitchcock und Luis Bunuel gerne praktiziert werde. Ob das nun ein Fußfetisch ist oder doch nur ein Running Gag, so hundertprozentig lässt es sich nicht bestätigen.
Tarantinos Stil zeigt sich nicht allein durch seine individuelle Regie, sondern auch durch das Netzwerk von wiederkehrenden Schauspieler*innen und einem eingespielten Team hinter den Kulissen. Ob er nun wirklich nach seinem zehnten und scheinbar letzten Film keine neuen kreativen Projekte mit seinem altbekannten Team mehr angehen wird, das wird nur die Zeit zeigen können.
Dieser Artikel bezieht sich auf eine im Rahmen des Moduls „226305 Netzwerk- und Beziehungsmanagement“ erhobene Netzwerkanalyse. Dabei wurden die einzelnen wichtigsten Akteure, darunter Schauspieler*innen, Kameraleute, Executive Producer*innen und Producer*innen, über die zehn Filme von Quentin Tarantino hinweg erhoben, um Muster und wiederkehrende Beteiligungen herauszuarbeiten. Die Beziehungen wurden durch eigener intensiver Recherche erhoben. Alle Quellen können auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.
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