„Die Tauben sind wie meine Kinder."
Hochzeitstauben - zwischen Liebe und Leid
Weiße Tauben bei der Hochzeit fliegen zu lassen ist ein weitverbreiteter Brauch, der seinen Ursprung im Barock besitzt. Symbolisch stehen die Vögel für Glück, Frieden und Loyalität. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie es den Hochzeitstauben bei dieser Tradition geht. Um Antworten darauf zu finden, haben wir Horst Müller in Esslingen besucht. Er ist seit 25 Jahren Taubenzüchter und ist davon überzeugt, dass diese Tradition auch heutzutage, wo Themen wie Tier- und Umweltschutz immer mehr in den Fokus rücken, noch zeitgemäß ist.
Neben den weißen Hochzeitstauben besitzt er auch einige Brieftauben, mit denen er an Wettflügen teilnimmt. Die Vögel werden regelmäßig trainiert, um den Weg zum Taubenschlag erfolgreich wiederzufinden. Er bezeichnet sich selbst als leidenschaftlicher Züchter und betont die Wichtigkeit seiner Tiere für ihn: „Die Tauben sind wie meine Kinder.“ Bei seiner Arbeit sollen nur wenige umgekommen oder während des Flugs verloren gegangen sein. Seine Tauben lässt Horst Müller frei fliegen, lediglich über die Wintermonate werden sie eingesperrt: „Wenn wir die Tauben im Winter fliegen lassen sind die Greifvögel da und dann hast du im Frühjahr keine Tauben mehr.“
Was sagt die PETA dazu?
Zum Thema Hochzeitstauben gibt es aber auch kritische Stimmen. Monic Moll ist eine dieser. Sie ist Fachreferentin im Bereich Tierische Mitbewohner bei der PETA. „Weiße Tauben werden oft nur aus kommerziellen Gründen gehalten“, so Moll. Viele Züchter*innen sollen sich nicht regelmäßig um ihre Tiere kümmern und würden beispielsweise nicht genug Nahrung zur Verfügung stellen. Zudem vertritt PETA die Auffassung, dass das Hochwerfen und somit das Freilassen von Hochzeitstauben einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz darstellt. Gemäß § 3 des Tierschutzgesetzes ist es nämlich verboten, ein in Obhut eines Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder zurückzulassen.
Welche Alternativen gibt es?
Auch wenn sich der Hochzeitsbrauch weiterhin großer Beliebtheit erfreut, gibt es einige Alternativen, auf die künftige Ehepaare zurückgreifen können. Ein Beispiel hierfür ist das Werfen von Reis – eine weit verbreitete Methode, die vor allem in Asien bekannt ist. Sie soll dem Brautpaar Glück und Reichtum für ihr Eheleben bringen, da das Reiswerfen symbolisch für Fruchtbarkeit und Leben steht. Außerdem stellt uns die heutige Technik Drohnen zur Verfügung, die Bilder aus der Vogelperspektive ermöglichen.
Dieser Artikel ist Teil des Dossiers „Zwischen Tradition und Tierleid – sind solche Traditionen noch zeitgemäß?“ Zu diesem Dossier gehört auch der Artikel Memminger Fischertag - noch zeitgemäß?