This Barbie is not a feminist
Im Sommer dieses Jahres ist es so weit und der erste, mit Menschen besetzte, „Barbie“-Film läuft in den Kinos an. Seit der Bekanntgabe gibt es immer neue Spekulationen darüber, welche Richtung der Film bei seiner Thematik einschlagen wird und ob er gar feministisch werden könnte. Barbie, gespielt von Margot Robbie, wird aus dem Barbie-Land verbannt, weil sie nicht perfekt genug ist. Begleitet von Ken, Ryan Gosling, gelangt sie in die Welt der echten Menschen und findet heraus, dass wahre Schönheit von innen kommt.
Die Handlung klingt schmerzend klischeehaft und macht Barbie noch lange nicht automatisch feministisch oder gesellschaftskritisch. Noch weniger glaubhaft wird die vermeintliche Gesellschaftskritik, wenn man beachtet, dass die beiden Hauptrollen von Schauspieler*innen gespielt werden, die unsere Schönheitsideale nahezu verkörpern. Robbie zierte schon häufiger das Cover der Vogue und Vanity Fair. Ryan Gosling sollte „Sexiest Man Alive“ werden, wurde es aber nicht, weil er ablehnte. Die beiden Hauptdarsteller*innen sind also genauso perfekt wie die Barbie-Welt selbst. Da ist es schwer zu glauben, dass das Interesse des „Barbie“ Films Veränderung ist und nicht das Barbie-Image zu polieren.
Diversity ja, aber nicht zu viel
Seit es Barbie gibt, steht sie für unrealistische Schönheitsideale. Ihr Körper hat Maße, mit denen ein echter Mensch nicht einmal überlebensfähig wäre, weil im Bauchbereich der Platz für lebenswichtige Organe fehlt. Mit der Zeit ist auch dem Unternehmen hinter Barbie, Mattel, aufgefallen, dass sich Barbie schlechter verkaufen lässt, wenn sich nichts ändert. So gibt es mittlerweile Schwarze Barbies, Barbies im Rollstuhl und Barbies, die gerne als curvy oder dick bezeichnet werden, obwohl sie die Maße einer durchschnittlichen erwachsenen Frau haben. Der Großteil des Angebots bleibt trotzdem weiß, normschön und nicht behindert. Es gilt also das Motto: Diversity ja, aber nicht zu viel. Wenn die Barbie schon im Rollstuhl sitzt, dann muss sie weiß und schlank sein. Ist sie Schwarz, dann bitte nicht auch noch curvy oder behindert.
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Die Barbie-Welt verträgt nur gerade so viel Diversität, wie es in unsere gesellschaftlichen Schönheitsnormen passt. Das bisschen Vielfältigkeit, macht trotzdem noch keine Gesellschaftskritik, geschweige denn Feminismus. Viel eher kann man vermuten, dass auch große Unternehmen bemerkt haben, dass man verschiedene Körper sichtbar machen und vereinzelt relevante Themen aufgreifen muss, um weiterhin Umsatz zu machen.
Und ja, Wandel ist erst einmal gut. Ein bisschen Veränderung ist besser als keine. Einen Grund zum Feiern von Feminismus und Gesellschaftskritik gibt es trotzdem nicht. Denn wenn die Barbie-Welt wirklich dazu bereit wäre, sich selbst kritisch zu hinterfragen, würde das Sortiment, das Unternehmen und auch die Besetzung des Films anders aussehen. Warum sonst, sieht man trotz all der „Diversität“ zum Großteil Barbie Puppen und Schauspieler*innen, die gerade so vielfältig sind, dass es nicht zu „woke“ für den Mainstream wird?
Welche Potenziale birgt das „Life in Plastic“?
Doch welches Potenzial hätte Barbie als Feministin? Barbie könnte großen Einfluss auf unsere Gesellschaft nehmen. Sie hat einen unglaublich breiten Zugang zu Kindern, aber auch Erwachsenen. Barbie erfüllt viele Privilegien, denn sie lebt in einer Villa, ist weiß, schlank, nicht behindert, cis und hetero. Sie verkörpert immer wieder alle möglichen Berufe, um Kindern ein Vorbild zu sein und zu zeigen, dass man jeden Karriereweg einschlagen kann.
Sie könnte ihre Position also sehr wohl nutzen, um Menschen auf die Diskriminierung aufmerksam zu machen, die eine Schwarze, dicke, behinderte oder queere Barbie erleben würde. Sie könnte ebenfalls Schönheitsideale hinterfragen und so einen Schritt hin zu Feminismus machen.
Stattdessen präsentiert das Unternehmen lieber scheinbar vielfältige Barbies und eine vermeintlich diverse Filmbesetzung. Das alles wirkt bei ungenauem Hinschauen so, als würde Barbie tatsächlich gesellschaftskritisch werden. Wenn man aber im Hinterkopf behält, dass Barbie letztendlich nur das Produkt eines Unternehmens ist, wird schnell klar, dass sie nur so feministisch sein kann, wie Mattel selbst. Gesellschaftskritische Strömungen, wie der Feminismus, die aktuell an Relevanz gewinnen, verkaufen sich gut als Marke. Die Marke Feminismus ist aber kein richtiger Feminismus. Sie hinterfragt nicht, kritisiert nicht und möchte unter dem aktivistischen Deckmantel verkaufen.
Die Instagramposts zum neuen Barbiefilm schmücken Sätze wie „This Barbie is a lawyer“ oder „This Barbie is a doctor”. Ja, in der perfekten, rosa Mattel-Welt steht Barbie nichts im Wege. Sie kann einfach alles sein. Außer Feministin.