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Cannabis Social Clubs: Zukunftsfähig oder Schneeball?

Cannabis-Plantage
Indoor Growing Compartment: eine einbaufertige Cannabis-Plantage, wie man sie womöglich bald in vielen CSCs finden wird | Quelle: CarbonActive GmbH
09. Juli 2025

Im Zuge der Legalisierung sind Vereine für den Cannabisanbau nur so aus dem Boden geschossen und werben fleißig Mitglieder an. Doch hat der Hype eine Zukunft? Und wie seriös sind die Clubs überhaupt? Im Interview mit dem Vorsitzenden Alex Reinhardt des Stuttgarter Vereins South Side Organics.

Alex, noch darf kein Cannabis Social Club (CSC) in Deutschland Cannabis anbauen oder verkaufen. Frühestens ab dem 1. Juli kann die Lizenz dafür beantragt werden. Trotzdem hat euer Verein jetzt schon rund 200 angemeldete Mitglieder. Doch könnte es passieren, dass ihr diese Lizenz gar nicht erteilt bekommt? 

Grundsätzlich gibt es ein paar Gründe, aus denen die zuständige Behörde die Vergabe einer Lizenz verweigern darf. Zum einen wäre das, wenn die Vorstandsmitglieder gewisse Vorstrafen hätten. Drogendelikte, die weniger als fünf Jahre zurückliegen, führen beispielsweise zum Ausschluss einer Person. Zum anderen wäre es problematisch, wenn bestimmte Vorgaben nicht eingehalten würden. Passt das Sicherheitskonzept des Gebäudes? Beachtet man den Abstand von 200 Metern zu Kindergärten, Schulen und Spielplätzen? Auf sowas achten wir natürlich.

Wie in jedem Verein muss man auch bei euch einen Mitgliedsbeitrag zahlen. Wie hoch ist dieser? Und was passiert mit dem Geld, wenn ihr die Lizenz nicht bekommen solltet?

Die Erstanmeldegebühr liegt bei 50 Euro. Die erheben wir zum einen dafür, dass das Mitglied in unserer Software angelegt wird, und zum anderen für die Beitrittskarte, die wir jedem ausstellen. Dazu kommt der Jahresbeitrag, der beträgt 120 Euro. 
Trotzdem sind wir natürlich noch nicht lizensiert. Genau aus diesem Grund haben wir aktuell noch keine Beiträge eingezogen, also weder die Anmelde- noch die Jahresgebühr. Sobald wir das Go bekommen haben, informieren wir die Mitglieder darüber, dass alles glatt gegangen ist und erst dann werden wir die ersten Zahlungen einnehmen. Bisher finanzieren wir uns aus eigenem Geldbeutel.

Wie sieht der Zeitplan ab der Lizenzbeantragung aus?

Die zuständigen Behörden haben nach der Antragstellung maximal drei Monate Zeit, die Genehmigung zu prüfen und im Fall der Fälle, abzulehnen. Überschreiten sie diese Frist, wird die Freigabe vorerst automatisch erteilt. Generell scheinen die Behörden da von Bundesland zu Bundesland und auch von Stadt zu Stadt unterschiedlich zu ticken. Wir haben von anderen Gründern erfahren, denen die verantwortlichen Stellen eine schnelle Genehmigung schon praktisch zugesichert haben. Auf der anderen Seite planen manche Gründer bayerischer CSCs bereits, ihre Produktion in andere Bundesländer auszulagern, da sie ihre Chancen auf eine Lizenz in Bayern eher gering einschätzen. Mal schauen, wie Stuttgart da drauf sein wird.

Wie kamst du auf die Idee, deinen eigenen Club zu gründen? Hast du beruflich oder privat schon mit Cannabis zu tun gehabt?

Ich habe bis vor kurzem noch als Bauingenieur gearbeitet und meine eigene Abteilung geleitet. Also beruflich hatte ich bisher nichts damit zu tun, und auch im Privaten eigentlich nur ab und zu in der Jugend. Trotzdem hat mich das Thema Cannabis als neue Branche von Anfang an fasziniert und ich hatte schon 2020 die Idee, mich in dem Bereich irgendwann selbstständig zu machen. Ich war in meinem Leben schon viel in Vereinen tätig. Als die Pläne der Bundesregierung dann feststanden, hab ich mir gedacht: „Warum nicht einen eigenen Verein gründen?“ Tja, und mittlerweile ist South Side Organics eingetragen, rechtsfähig und hat ein acht-köpfiges Vorstandsteam.

Habt ihr bereits Vereinsräume zum Anbauen? Wie sieht es mit dem Sicherheitskonzept aus?

Wir haben eine Immobilie im Sommerrain gefunden. Bisher sind wir noch in Vertragsverhandlungen, aber mit dem Vermieter ist bereits abgeklärt, dass wir dort anbauen dürfen. Im Endeffekt handelt es sich um eine große Lagerhalle mit zwei Toren und einer Feuertür als einzige Eingänge. Das Gebäude ist alarmgesichert, außerdem wollen wir zumindest am Anfang Security-Leute beschäftigen. Für den Anbau planen wir, ein sogenanntes „Indoor Growing Compartment“ zu kaufen. Das ist im Prinzip ein eigener, automatisch geregelter Anbauraum mit 36 Quadratmetern Pflanzfläche, der dann in der Halle aufgebaut werden würde. Beleuchtung, Lüftung und Heizung – das regelt alles die Kabine.

„Damit hat man wahrscheinlich eher die Situation geschaffen, dass man die 18-Jährigen doch wieder auf den Schwarzmarkt drängt.“

Alex Reinhardt

Seht ihr Probleme in den jetzigen gesetzlichen Bestimmungen zu den CSCs?

Es gibt viele Sachen, die wirken, als wären sie halt einfach reingeschrieben worden. So nach dem Motto: „Dann ist es wenigstens irgendwie geregelt“. Ein Beispiel dafür: Ab 18 Jahren darf jeder einem CSC beitreten. Doch erst ab 21 aufwärts ist stärkeres Gras jeder Sorte erlaubt. 18- bis 20-Jährige dürfen dagegen nur Cannabis mit geringerem THC Gehalt, nämlich maximal zehn Prozent bekommen. Das Problem dabei ist, dass es einfach keine offiziell erhältlichen Pflanzen gibt, bei denen der Anbieter einen THC Gehalt knapp unter dieser Grenze garantiert. 
Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist, dass die Pflanze früher geerntet wird. Aber dann muss man natürlich zuerst prüfen, welchen THC Gehalt sie zu diesem Zeitpunkt aufweist. Dafür muss man ins Labor gehen. Das ist alles recht schwierig und mit hohem Aufwand verbunden. Und ich weiß nicht, ob besonders viele Clubbetreiber sich wirklich diese Mühe machen werden. Damit hat man wahrscheinlich eher die Situation geschaffen, dass man die 18-Jährigen doch wieder auf den Schwarzmarkt drängt.

Wie viele Leute wird euer Verein beschäftigen, und wie werden diese bezahlt?

Vom Cannabisgesetz (CanG) ist klar vorgeschrieben, dass Vorstandsmitglieder, die in Vollzeit arbeiten, sich auch ein entsprechendes Gehalt auszahlen dürfen. Darüber hinaus dürfen Mitarbeiter auf 520-Euro-Job Basis beschäftigt werden. Und wie schon erwähnt, sparen uns die automatischen Anbauräume natürlich Personalkosten. Deshalb sind mehr als zwei oder drei Vollzeitkräfte nicht geplant. 
Finanziert wird der Verein durch die Mitgliedsgebühren und zusätzlich durch einen Pro-Gramm-Preis für das Cannabis, der sich wahrscheinlich auf zehn Euro belaufen wird. Ab 21 Jahren darf jede Person im Verein bis zu 50 Gramm pro Monat kaufen.

Im Rahmen des CanG wurde viel über Prävention diskutiert. Besonders junge Leute könnte eine Abhängigkeit gefährden. Ist Prävention etwas, auf das ein CSC achten sollte? 

Wir arbeiten mit einer angehenden Psychotherapeutin zusammen, die uns beim Thema Suchtprävention unterstützt. Wir sind zum Beispiel gerade dabei, eine Art Kurztest vorzubereiten. Geplant ist, dass sich unsere Mitglieder ab und zu auf unserer Webseite im Rahmen dieser Tests mit ihren eigenen Gewohnheiten auseinandersetzen müssen und Wissen zum Thema an die Hand bekommen. Sollte dann Bedarf nach Unterstützung bestehen, haben wir jemand Qualifiziertes mit im Boot.