Was weiß ich über meinen Partner?
Hier findet ihr das komplette Interview mit dem Experten
Luis Kimyon ist Paartherapeut in Stuttgart. Er analysiert die Antworten von Claudi und Basti, dem Paar, das sich der Challenge gestellt hat. Im Gespräch mit edit redet er darüber, wie viel man von seinem Partner wissen sollte und wo es Grenzen gibt.
Hallo Luis, starten wir direkt mit der ersten Frage: Was macht für dich eine funktionierende Beziehung aus?
Für mich persönlich ist es eine gute Kommunikation. Dass die Paare miteinander sprechen und sich Zeit lassen. Ist man gerade verliebt, dann ist man noch recht blind und sollte keine Entscheidungen treffen. Wenn diese Verliebtheitsphase abklingt und man sich wirklich näherkommt ohne diese ganzen Hormone und sich auch mal ausspricht, kann man darüber sprechen: Was sind deine Vorstellungen und was sind meine? Das ist unglaublich wichtig.
Erzählt man sich mit Dauer der Beziehung weniger?
Viele kommen in eine Gewohnheit rein. Das ist das, wo eine Beziehung ausläuft, wenn man jetzt nicht anfängt, was dafür zu tun. Manche kommen gut zusammen und machen das wie von selbst. Andere müssen bewusst was machen. Begegne den anderen so, wie bei der ersten Verabredung. Wenn das schiefläuft, nenne ich das den verschmutzen Filter. Ich habe schon viele alte Erfahrungen und sehe den Menschen gar nicht mehr wie er zu Beginn war. Es ist wichtig, dass man das wieder löst. Die Paare sollen wieder ein Date haben und es auch so nennen.
Findest du, es ist richtig, alles wissen zu wollen?
Alles wissen ist ein bisschen schwierig. Warum interessiert uns denn jemand, den wir neu kennenlernen? Weil wir noch nicht so viel wissen. Weil es noch etwas Geheimnisvolles, Spannendes gibt. Das aufrecht zu erhalten, ist die größte Kunst. Esther Perel ist eine Paartherapeutin, die das intensiv angeht. Sie sagt, Geborgenheit und Vertrauen sind ein wichtiges Fundament. Aber wie schaffe ich es, das Geheimnisvolle in der Beziehung aufrecht zu erhalten? Da die Waage zu halten, ist gut. Ich sollte nicht immer alles von mir erzählen, sondern mal ein bisschen drin lassen. Das ist aber eine besondere Kunst, die jedes Paar für sich herausfinden sollte. Aber in den grundlegenden Themen ist es sehr wichtig. Wie stellen wir uns die Zukunft vor? Wollen wir Kinder?
Sind große Themen wichtiger als Kleinigkeiten?
Was der andere gestern getragen hat oder Themen wie Heiraten oder Kinder bekommen – das kann man nicht vergleichen. Die haben verschiedene Stellenwerte. Das eine hat mit Aufmerksamkeit zu tun, das wertschätzt jeder Mensch. Wenn ich mich für etwas Neues interessiere; dass meine Partnerin das bemerkt, auch wenn es sie nicht interessiert. Umgekehrt: Dass ich weiß, dass ein wichtiger Termin für meine Partnerin ist. Es ist unglaublich wichtig, da die Aufmerksamkeit zu schenken. Das aufrecht zu erhalten, ist ein ganz wichtiges Element in einer Beziehung.
Ist es wichtig, viel über das Hobby des Partners zu wissen?
Über die Hobbys des Partners Bescheid zu wissen ist wichtig. Ob man die gemeinsam macht, ist eine andere Frage. Man sollte sich eher davon lösen, alles gemeinsam zu machen. Dass man gemeinsame Themen findet, ist sehr schön, aber wir leben ja schon zusammen und haben schöne Momente miteinander. Wenn die nicht ausreichen, sind viele Paare auf der Suche nach Gemeinsamen. Es gibt aber auch Paare, die sagen, es ist okay, wenn jeder sein Ding macht. Das muss jedes Paar für sich herausfinden. Das ist individuell, da erschaffen wir keinen Katalog und sagen, so muss eine Beziehung aussehen, sondern die Paare finden für sich heraus: Was ist uns wichtig? Was ist jetzt wichtig? Das kann sich in der Zukunft ändern. Diese Offenheit ist sehr bedeutungsvoll.
Leidet das Vertrauen, wenn man zu wenig weiß?
Man sollte vorher für sich entscheiden, wie weit man gehen möchte. Wenn ich ein sensibler Typ bin, gehe ich da Stück für Stück heran. Es gibt welche, die gehen mit dem Thema rational um. Da muss jeder einschätzen, wo er gerade steht und seine Richtung einschlagen. Dann kann man sich auch ganz offenen Fragen stellen, wie in so einem mutigen Interview. Wir haben einen Fragekatalog, mit dem sie sich gegenseitig Fragen stellen können. Da entscheidet jeder in der eigenen Freiheit: „Ja oder nein. Vielleicht später“. Da die richtige Sprache zu finden, braucht für Paare eine bestimmte Zeit.
Luis, kommen Paare häufig zu dir, weil sie zu wenig übereinander wissen?
Sehr häufig. Sie hatten gut angefangen und das dann aus den Augen verloren. Sie haben nur ihren eigenen Weg gesehen und gar nicht mehr rüber geschaut. Das ist der Perspektivwechsel. Versetze dich in die Lage des anderen. Er denkt, sieht und erlebt die Sachen ganz anders. Es ist wichtig nachzufragen, wie der Partner das erlebt. Da gibt es diese Dates, wo sie anfangen, wieder miteinander zu sprechen. Ein anderer Weg wäre: Wie kann man ein Thema aus der Perspektive des anderen besprechen und habe ich ihn richtig verstanden? Das ist ein mühseliger Weg, aber das ist die Kunst. Ob in der Musik oder im Sport: Egal was ich mache, ich muss dranbleiben. Das gilt auch für die Beziehung und für die Liebe.