So rast die Königsklasse ins Aus
Mit über 300 Kilometern pro Stunde rasen die Fahrer*innen in modernen Rennwagen um die Kurven: die Formel 1 ist der Sport der Superlative. Aber ist der Motorsport heute überhaupt noch zeitgemäß? Kritisiert wird die Formel 1 schon seit langem. Das „sinnlose im Kreis Fahren“ schade der Umwelt, so der häufige Vorwurf. Dabei ist nicht der Sport selbst, sondern die Mobilität und Logistik das Problem.
Wie ein Wanderzirkus reist die Formel 1 mit ganzen Werkstätten von der einen Rennstrecke zur anderen. Und das über fünf Kontinente verteilt. Allein für die Saison 2023 stehen Länder wie Australien, die USA oder Japan im Rennkalender. Das Problem hierbei? In Zeiten des Klimawandels ist diese Vielfliegerei kaum noch zu rechtfertigen. Denn allein im Jahr 2019 hat der Sport laut der "Formula 1 Sustainability Strategy" 256.551 Tonnen schädlicher CO₂-Emissionen ausgestoßen.
Doch nicht nur die Formel 1 schadet dem Klima. „Auch für die Anreise zu jeglichen Sportveranstaltungen braucht man viel Energie. Man sollte nicht jemandem den Schwarzen Peter zuschieben. Es braucht eine gesamtgesellschaftliche Änderung“, erklärt Stefan Wagner vom Verein „Sports for Future“.
Der Klimaschutz muss sich in allen Sportarten durchsetzen. So verursachte die Fußball-WM 2018 laut FIFA rund 2.1 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen und ist damit so schädlich wie zehn Formel 1-Saisons. Das macht den Ausstoß der Formel 1 natürlich nicht besser. Allerdings arbeitet sie daran, bis 2030 klimaneutral zu werden. So sollen erneuerbare Energien für die Rennen und Fabriken genutzt werden und die Veranstaltungen plastikfrei ablaufen. Außerdem fahren die Autos dann mit nachhaltigen Kraftstoffen – obwohl sie nur ein bedeutungsloser Teil des Problems sind. Die Logistik und den Flugverkehr bis 2030 grün zu bekommen, klingt wohl eher nach einer Mammutaufgabe.
Moral oder Millionen?
Mit ihrer „We Race As One“ – Kampagne möchte sich die Formel 1 für mehr Diversität einsetzen. Doch das ist leider mehr Schein als Sein. Seit einiger Zeit findet die Formel 1 für enorme Summen Geld im arabischen Raum statt. „In den vergangenen Jahren haben viele Golfstaaten in PR-Maßnahmen investiert, um ihr Image aufzupolieren und von ihrem brutalen Vorgehen abzulenken“, sagt Ellen Wesemüller von Amnesty International. Beim Sportswashing nutze ein Land den Glanz des Sports, um sich ein neues Image zu geben.
In Saudi-Arabien, Katar, Bahrain und der Vereinigten Arabischen Emirate werden Menschenrechte kaum gewürdigt, Minderheiten unterdrückt und Folter sowie die Todesstrafe sind allgegenwärtig. Dennoch finden dort jährlich Rennen statt. Erst dieses Jahr hat der Dachverband Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) einen Elf-Jahres-Vertrag mit Katar abgeschlossen und verdient rund 70 Millionen Euro pro Rennen.
Für die meisten Fans war der Sport schon immer Entertainment und Spannung pur, waghalsige und gefährliche Fahrmanöver faszinieren viele seit früher Kindheit. Mit Erfolg: die Formel 1 ist beliebt wie eh und je und konnte 2021 sogar noch mehr Fans für sich gewinnen – laut FIA sahen rund 1.5 Milliarden Zuschauer*innen die Rennen im TV.
In Sachen Klimaschutz und Menschenrechte hat der Motorsport aber noch viel Arbeit vor sich. Um nicht weiterhin im Zickzackkurs um die Welt zu fliegen, braucht der Rennkalender Überarbeitung. Warum nicht die Rennanzahl minimieren und dafür in Ländern fahren, in denen Menschenrechte garantiert sind? Der Grund dafür ist einfach. Geld, die Formel 1 ist schließlich ein Geschäftsmodell. Eine Sportart abzuschaffen ist unmöglich, sie zu verändern aber schon – und das hat die Formel 1 zwingend nötig.