„Ich verstehe Bildung als sozialen Prozess. Kinder und Erwachsene lernen voneinander und miteinander.“
Mit Kindern raus ins Grüne
Es ist sonnig und warm. Im Garten des Evangelischen Kindergarten „Arche Noah“ in Schwäbisch Hall sitzen zwei Mädchen und flechten aus Gänseblümchen kleine Kränze. Sie unterhalten sich. Die 5-jährige Esmiralda nimmt eine Blume in den Mund und meint: „Ich mag den Geschmack.“
Naturbildung im Kindergarten
Der Tag beginnt mit einem Ausflug des Kindergartens in die Natur. Falk Sulek, der Leiter des Kindergartens, verteilt Sicherheitswesten an alle Kinder. Bepackt mit einem Erste-Hilfe-Set, Getränken und einer Kamera macht sich er mit den Kindern auf den Weg in ein nahe gelegenes Waldstück. Wer unterwegs etwas Interessantes sieht, eine Blume, ein Tier oder einen besonderen Baum, darf sich die Kamera nehmen und ein Bild davon machen. Sulek möchte den Kindern so die Möglichkeit geben, die Natur zu entdecken und gewonnene Eindrücke fotografisch festzuhalten. Bei ihrem gemeinsamen Ausflug fallen den Kindern viele Fragen ein: Wie heißt diese Blume? Woher kommt das Wasser aus dem Fluss? Wie alt ist dieser Baum? Gemeinsam mit Herrn Sulek suchen sie nach den Antworten. Als ein Kind auf dem Boden einen Käfer entdeckt und alle zusammenruft, schauen die Kinder mit Herrn Sulek in einem Buch über Insekten und Käfer nach, wie das Tier heißen könnte.
Es gibt Kinder, die interessieren sich mehr für Haustiere, andere für Dinosaurier und wieder andere für Vulkane. Eines haben aber alle Kinder gemeinsam: Sie sind von Natur aus neugierig und wollen die Welt, die sie umgibt, entdecken und erforschen. Im evangelischen Kindergarten „Arche Noah“ werden die Themen der Kinder immer situationsorientiert und lebensweltbezogen aufgegriffen. Die Heilerziehungspflegerin und Mutter Antje Schwarz berichtet, wie ihr eigenes Kind Angst vor Füchsen hatte, weil es in einem Zeichentrickfilm im Fernsehen eine negative Darstellung des Tiers gesehen hatte. Daher ist es wichtig, mit Kindern über solche Themen zu reden, sich echte Füchse anzuschauen – wo sie leben, was sie essen – um so Ängste abzubauen und positive Erfahrungen mit der Natur entstehen zu lassen.
Kinder als Natur-Entdecker
„Kinder brauchen die Natur als Entwicklungs- und Erfahrungsraum“, sagt Sulek. Er berichtet von der Bedeutung der Natur für die kindliche Entwicklung. Es ist für ihn Teil des Bildungsauftrages, dass Kinder bereits im Kindergarten die Möglichkeit finden, sich regelmäßig, vielfältig, ganzheitlich und mit allen Sinnen mit der Natur auseinandersetzen. Neben angeleiteten, naturpädagogischen Aktivitäten und Projekten braucht es auch Freiräume, in denen die Kinder eigenständig und ihrer Entwicklung entsprechend die Natur erforschen und erfahren können. Sulek ist dabei der Ansicht, dass Kinder, die schon in frühen Jahren die Bedeutung der Natur für sich selbst und für andere kennenlernen und erleben, auch in einem späteren Alter eher dazu neigen werden, respektvoll und nachhaltig mit der Natur und der Umwelt umzugehen. Die Bewahrung der Schöpfung und die Achtung der Natur sind deshalb bewusste Bestandteile der pädagogischen Konzeption seiner Einrichtung.
Unsere Zukunft
Wenn uns heute angesichts der anhaltenden Klimaveränderung, zunehmender Naturkatastrophen oder der durch Plastikmüll verunreinigten Meere und Ozeane immer bewusster wird, wie wichtig es für das Überleben aller ist, umweltschonend und nachhaltig zu leben, dann müssen wir auch einen Weg finden, wie wir dieses Bewusstsein auch nachhaltig an unsere Kinder weitergeben. Sie sind die Zukunft von morgen. Nur wenn unsere Kinder heute schon von klein auf lernen, wie essenziell und notwendig der Erhalt der Natur für uns ist, wird das Leben auf dieser Erde auch noch in der Zukunft Bestand haben. Im Orientierungsplan für die Kindergärten in Baden-Württemberg wurden vom zuständigen Kultusministerium verbindliche Bildungsziele in den einzelnen Bildungs- und Entwicklungsfeldern festgelegt. Einige Ziele unterstützen eine naturnahe und nachhaltig orientierte Pädagogik in vielfältiger und zukunftsweisender Form.
Naturpädagogisch relevante Ziele aus dem Orientierungsplan für die Kindergärten in Baden-Württemberg:
Kinder …
- ... staunen über Alltags- und Naturphänomene und werden sprachlich begleitet und bestärkt.
- ... stellen sich und ihrer Umwelt Fragen, auch philosophischer und religiöser Natur, und suchen nach Antworten.
- ... nehmen Eindrücke aus der Natur bewusst wahr und setzen sich damit auseinander.
- ... bringen sich zusammen mit anderen in die nachhaltige Gestaltung ihres sozialen und ökologischen Umfeldes ein.
Morgen geht es weiter
Zurück zu Esmiralda, die noch immer bei den Blumen im Garten des Kindergartens sitzt. Die Erzieherin Stefanie Laitenberger, die das Geschehen beobachtet, kommt hinzu. „Es gibt Blumen, die essbar sind. Ihr dürft gerne probieren, wie sie schmecken“, erklärt sie der 5-Jährigen.
Wie alle Kinder ist Esmiralda neugierig und will die Natur mit allen Sinnen erfahren – schmecken, sehen, hören, riechen, fühlen. Das macht Lust auf mehr, denn auch morgen wird es wieder viel Neues zu entdecken geben.