Skandinavien war gestern
Spoiler alert: Ist es nicht. Denn man darf dabei nicht außer Acht lassen, dass Polarlichter mittlerweile von viel mehr Handys, Webcams und Co. dokumentiert werden. Und durch den Polarlicht-Hype auf Social Media werden Aufnahmen noch schneller geteilt und verbreitet. Allein auf Instagram wurden 1,7 Millionen Beiträge mit dem Hashtag "aurora borealis" gepostet. Dieser Fachbegriff bezeichnet das Polarlicht auf der Nordhalbkugel.
2024 – das Jahr der Polarlichter?
Alle elf Jahre ist die Sonnenaktivität erhöht, das gehört zu ihrem ganz normalen Zyklus und ist nichts Außergewöhnliches. Andreas Möller vom Arbeitskreis Meteore e.V. erklärt, dass Polarlichter während der letzten Sonnenzyklen teilweise öfter vorkamen als 2023 – nur dass sie nicht durch tausende Handykameras aufgenommen und festgehalten wurden. „Auch in den 50er-Jahren gab es sehr helle Polarlichter. Das waren alles Zufallsbeobachtungen. Sie sind historisch überliefert, weil sie so intensiv waren.“ Das habe ebenfalls an einem hohen Maximum der Sonnenaktivität gelegen. Möller ergänzt: „In der modernen Zeit gibt es deutlich mehr Sichtungen.“
In seinem digitalen Polarlicht Archiv sammelt er seit Jahren Daten zu Polarlichtern und ist dabei auf Sichtungen anderer Himmelsbeobachter*innen angewiesen.
Warum nun die Sonnenaktivität alle elf Jahre erhöht ist, weiß niemand, so weit ist die Forschung noch nicht. Was sie aber weiß: 2024 ist so ein Maximum und hält daher für Polarlichtjäger*innen besonders hohe Chancen bereit. „Die nächsten Jahre sind statistisch gesehen gute Jahre, selbst beim abklingenden Maximum“, sagt Möller.
Wie entstehen eigentlich Polarlichter?
Für ein Polarlicht braucht es ein Ereignis auf der Sonne, wie beispielsweise eine Sonneneruption. Dadurch wird Energie in Form von Sonnenwind in Richtung Erde geschleudert. Treffen diese Energieteilchen dann auf das Magnetfeld der Erde, sehen wir bunte Lichtschleier am Himmel. Je stärker und je mehr Energieteilchen auf das Magnetfeld der Erde prasseln, desto intensiver nehmen wir das Lichtspektakel wahr und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, auch in mittleren Breitengraden davon etwas mitzubekommen.
Übrigens: Vor allem im Herbst und im Frühling sieht man am meisten Polarlichter. Mit einer Monatsverteilung von ca. 13 Prozent ist der Oktober dabei Spitzenreiter, dicht gefolgt vom Monat März mit knapp 12 Prozent. Das liegt an der Neigung der Erdachse.
Hotspots in Deutschland
Es ist kein Phänomen der Neuzeit, dass Polarlichter über deutschen Städten zu sehen sind. Vor allem in Küstengebieten und im Norden Deutschlands lassen sie sich so gut wie jedes Jahr beobachten. Das liegt vor allem an der Nähe zu den Polen, aber auch an der geringen Lichtverschmutzung. Je mehr man sich im Inland und in Städten bewegt, desto geringer ist die Chance, bunte Schleier am Himmel zu entdecken. Die Städte leuchten zu hell. An Küsten hingegen gäbe es nur das Meer, wodurch es automatisch dunkler sei, so Möller. „Seit neuestem haben wir erstaunlich viele schwache Polarlicht-Sichtungen in den Alpen“, weiß er. Das liege an zwei Gründen: Zum einen seien die Alpen weit weg von Zivilisation, dadurch gebe es dort kaum Licht. Zum anderen sei die Luft auf den Höhen sehr klar. Wie das ans Licht kam? Alpen-Webcams zeichneten in den letzten Jahren ein erhöhtes Vorkommen auf.
Bucket List: Einmal Polarlichter sehen
Der Hype um 2024 als Jahr der Polarlichter geht also eigentlich von uns selbst aus. Trotzdem bleibt das Naturschauspiel extrem beeindruckend. Und wenn auch du Polarlichter auf deiner Bucketlist abhaken möchtest, dann beachte am besten diese Tipps, um sie erspähen zu können:
In Zukunft können wir laut Möller auch noch weiter im Süden mit Polarlichtern rechnen. Im November letzten Jahres wurden Polarlichter auch über Griechenland und der Türkei entdeckt. „Das kann passieren, ist aber sehr selten, statistisch vielleicht zwei, drei Mal pro Zyklus.“, ergänzt Möller. Aber auch das ist nichts Neues, schon in den 50er Jahren wurden die bunten Lichtschweife am Himmel über Kroation, sogar über Kuba und Mexico gesichtet.
Auch wenn die Aufmerksamkeit rund um Polarlichter einem Medienhype geschuldet ist, bleibt er doch gerechtfertigt. Die grünen Lichtschleier am Himmel sind und bleiben ein faszinierendes Phänomen.