Bewegungsräume 10 Minuten

Die Zukunft öffentlicher Sportplätze in Stuttgart

Drei öffentliche Sportplätze in Stuttgart. Eine Tischtennisplatte am Bihlplatz, ein Basketballkorb an der Doggenburg und ein Beachvolleyballfeld am Feuerbacher Weg.
Öffentliche Sportplätze sind Orte der Begegnung und fördern die Bewegungsfreude der Bevölkerung. | Quelle: Lea Reussel
17. Mai 2024

Kostenlose Sportmöglichkeiten in Stuttgart bringen Menschen zusammen. Es gibt aber noch Luft nach oben. Welche Möglichkeiten um kostenlos Sport zu treiben gibt es? Und was plant die Stadt für die Zukunft?

Die Sonne strahlt an einem Sonntag im Frühling vom blauen Himmel. Das perfekte Wetter für eine Runde Beachvolleyball, denkt sich Anisha. So könnte sie ihr Wochenende noch bis zur letzten Minute auskosten, bevor sie am Montag wieder zur Arbeit muss. Doch wie bekommt Sie so spontan eine Gruppe zum Spielen zusammen? Und wo soll sie hin? Die Freibäder haben noch zu, es ist zu früh im Jahr, um baden zu gehen. 

Da fällt Anisha das öffentliche Feld an der Karlshöhe bei ihr um die Ecke ein. Da sind doch eigentlich immer Menschen, die Volleyball spielen! Anisha schnappt sich ihr Fahrrad und fährt los in Richtung Karlshöhe. Am Feld angekommen spielt bereits eine Vierergruppe in der für Beachvolleyball typischen zwei gegen zwei Konstellation. Die vier Spielenden haben sich sogar eine Konstruktion gebaut, um das Stahlnetz zu verbessern. Sie haben ein professionelles Volleyball Netz an den Stahlpfosten befestigt und über das durchhängende Stahlnetz gehängt. Am Rand des Feldes sitzen außerdem drei weitere Spielfreudige, zu denen sich Anisha gesellt. Während die Gruppe die Partie beendet, nutzen Anisha und die drei Anderen die Zeit, um sich besser kennenzulernen und aufzuwärmen. Dabei ist Mike aus den USA, der jetzt in Stuttgart wohnt, sowie Lara und Hanna zwei Studentinnen der Uni Stuttgart.

Die Wartezeit vergeht schnell, und Anisha und ihre Mitspielenden beginnen, gemeinsam auf dem Feld zu spielen. Zusammen spielen Anisha und Mike gegen Lara und Hanna. Die Partie ist knapp. Anisha geht zum Aufschlag, es fehlt ihr nur noch ein Punkt zum Sieg. Sie dreht den Ball in ihren Händen, um ein paar lose Sandkörner abzustreifen und ihre Nerven zu beruhigen. Sie tritt die Füße fest in den Sand, um einen guten Stand zu bekommen, wirft den Ball mit beiden Händen in den Himmel und holt aus. Anisha trifft den Ball mit voller Wucht über ihrem Kopf und er fliegt über das Netz. Hanna streckt sich, doch der Ball fällt von ihren Unterarmen weg in Richtung Gebüsch. Das war's! Anisha und Mike jubeln, klatschen sich ab und bedanken sich bei Lara und Hanna für das schöne Spiel. Während nun die andere Gruppe wieder spielt, sitzen Anisha und ihre Mitspielenden um das Feld, unterhalten sich und spielen eine Runde Tischtennis auf der Platte neben dem Platz. Später soll es noch eine Revanche geben.

Gratis Sport machen?

Das Beachvolleyballfeld an der Karlshöhe ist nur einer der kostenlosen Volleyballplätze, in Stuttgart gibt es 15 öffentliche Beachvolleyballfelder. Das sind aber nicht die einzigen Sportstätten hier, die kostenlos benutzt werden können. Die Stadt hat mehr als 300 sogenannter „Bewegungsorte“. Am häufigsten gibt es Fußballplätze, Basketballkörbe und Tischtennisplatten. Aber auch Calisthenics Parks und Downhill Strecken hat die Stadt Stuttgart in den letzten Jahren gebaut. Zusätzlich findet im Sommer seit bereits mehr als zehn Jahren das kostenlose Programm „Sport im Park“ statt. Hier können Bürger*innen zwischen Mai und September an über 80 Sportkursen unter freiem Himmel ohne Anmeldung und gratis teilnehmen. 

Anteil ausgewählter öffentlicher Sportangebote in Stuttgart.
Anteil ausgewählter öffentlicher Sportplätze in Stuttgart.
Quelle: Stadt Stuttgart, Masterplan für urbane Bewegungsräume

Mehr kostenlose Sportmöglichkeiten

Kostengünstige und leicht zugängliche Möglichkeiten, um Sport zu treiben sind für die Bevölkerung wichtig. Beachvolleyballplätze und Tischtennisplatten werden zu Orten der Begegnung. Im Gegensatz zum Vereinssport muss sich hier niemand vorher anmelden, oder Mitgliedschaften bezahlen, um mitmachen zu können. Dadurch entsteht eine bunte Mischung an Sportfreudigen. Egal auf welchem Niveau jemand spielt oder welchen Hintergrund die Person besitzt, jede und jeder ist willkommen.

Dominik Gaiser, Schulleiter der SRH-Schule für Physiotherapie in Stuttgart meint, dass die vielfältigen Gelegenheiten in Stuttgart im Sommer Sport zu treiben schon jetzt einen Großteil der Gesellschaft erreicht und für viele etwas Passendes dabei ist. Auch die breite Verteilung und kurze Wege zu den einzelnen Bewegungsräumen motivieren die Stuttgarter*innen sich zu Bewegen.

Doch es ist auch Luft nach oben: Beim Sport treiben ohne Trainer und feste Trainingsgruppe kann es leicht passieren, dass die Leistung der einzelnen Spielenden weit auseinander geht. Das könnte negative Auswirkungen auf die Motivation der Sportler*innen haben. Gaiser meint dazu, dass er häufig hören würde: „Mit dieser Person kann ich den Sport nicht ausüben, es macht mir keinen Spaß“. Das habe meist mit Über- oder Unterforderung zu tun. Auch der Zustand vieler Sportstätten ist aktuell noch verbesserungswürdig. Einerseits müssen Felder und Netze Vandalismus sicher sein, andererseits freuen sich Bewegungsfreudige über gute Ausstattung, die nicht nur aus Stahl und Beton besteht.

Mehr Sport für mehr Lebensqualität

In Deutschland wird die Bevölkerung immer übergewichtiger, laut der Deutschen Adipositas Gesellschaft sind rund zwei Drittel (67 Prozent) der Männer und die Hälfte (53 Prozent) der Frauen übergewichtig. Deshalb ist auch den Städten und Kommunen Bewegungsförderung wichtig. Mehr Bewegung reduziert das Risiko von Übergewicht und erhöht die Lebensqualität der Bürger*innen. Auch für Menschen, die ihr Gewicht nicht reduzieren möchten, steigert Bewegung die Gesundheit, denn regelmäßige Bewegung hilft bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Krebserkrankungen, Osteoporose, Stress und Burnout.

Status Quo in Deutschland ist jedoch, dass die meisten Menschen in Deutschland sich zu wenig bewegen. Dominik Gaiser sagt dazu: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das Ausprobieren einer Sportart durch öffentliche Bewegungsräume deutlich eher geschieht.“ Denn mit den kostenlosen Sportkursen der Stadt und den öffentlichen Bewegungsräumen werden den Stuttgarter*innen viele verschiedene Aktivitäten zum Ausprobieren angeboten. Ganz unverbindlich und ohne großen Aufwand kann man hier ein neues Hobby finden.

„Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das Ausprobieren einer Sportart durch öffentliche Bewegungsräume deutlich eher geschieht.”

Dominik Gaiser, Schulleiter SRH-Schule für Physiotherapie

Zukunftspläne

Der Wunsch nach mehr Raum für Bewegung in Stuttgart wird bei den vielen unterschiedlichen Vorschlägen im Bürgerhaushalt zu diesem Thema deutlich. Im Bürgerhaushalt 2023 gingen von 2.389 Vorschlägen ca. 125 zum Thema Sport ein. Ungefähr ein Drittel der Vorschläge zum Thema Sport landeten unter den ersten 500 Plätzen. Das zeigt, dass das Thema Sport und Bewegung den Stuttgarter Bürger*innen zunehmend wichtiger wird. 

Die Stadt Stuttgart versichert, dass das Thema Bewegungsräume im Fokus sei: „Das Ziel ist es, Rahmenbedingungen für Anreize und Angebote zu schaffen, die Menschen Lust auf Bewegung machen, soziales Miteinander und Begegnung ermöglichen und die Lebensqualität steigern.“ Konkret soll bis 2025 ein Netzwerk an Orten und Räumen für Bewegung und Sport entstehen. Diese Orte sollen Bürger*innen einen aktiven Alltag ermöglichen, mehrfach nutzbar, geschlechterübergreifend und mehr generationenorientiert sein. Die Stadt formuliert in ihrem Konzept die Ziele außerdem quantitativ, mit 2,5-6 Quadratmetern Sportplatz pro Einwohner*in, das entspricht über 15.000 Hektar Fläche.

Entwicklung öffentlicher Bewegungsräume in Stuttgart bis 2025.
Das soll bis 2025 in der Stadtentwicklung hinsichtlich öffentlicher Bewegungsräume passieren.
Quelle: Stadt Stuttgart, Masterplan für urbane Bewegungsräume

Ein schöner Tag

Langsam senkt sich die Frühlingssonne hinter die umstehenden Bäume am Beachvolleyballfeld an der Karlshöhe und es kühlt merklich ab. Nach zwei Stunden und mehreren Matches verabschiedet sich Anisha glücklich von den anderen Spieler*innen. Auf dem Fahrrad auf ihrem Weg nach Hause spürt Anisha ihre schweren Beine vom vielen Laufen im Sand. Sie freut sich darauf, im Sommer jetzt öfter so unkompliziert ihrem Hobby nachgehen zu können.