Kunst im digitalen Zeitalter
„Man weiß nie genau, wie man sich verhalten soll, man muss leise sein und man muss irgendwie Abstand halten“, sagt Nathalie Lachmann, Kuratorin in der Staatsgalerie Stuttgart, über die vermeintliche Atmosphäre in Museen. Das kann vor allem junge Menschen abschrecken. Sie kommen nicht so selbstverständlich in das Museum wie ältere Menschen. Auch die Digitalisierung bringt Herausforderungen: Museen leben von der originalen Kunst und nicht von Handybildern. Unsere Welt ist turbulent und laut. Ein Format, in dem die Besucher die bloßen Kunstwerke betrachten sollen, geht da schnell unter. Aber: Museen sollten mit der Zeit gehen und die Kunstwerke auch für nachfolgende Generationen bewahren, meint Lachmann. Nicht nur die Staatsgalerie in Stuttgart muss sich anstehenden Herausforderungen stellen, auch andere Museen passen ihr Programm an.
Um ein breites Publikum anzusprechen, haben Museen eine Auswahl an Angeboten für unterschiedliche Zielgruppen zusammengestellt. Es gibt immer Menschen, die sich nicht für Kunst begeistern, aber die Aufgabe der Museen sei es, allen Menschen die Möglichkeit zu geben, an dem gesellschaftlichen Diskurs teilzuhaben, sagt Lachmann.
Partys in der Staatsgalerie
Mit den verschiedenen Workshops der Staatsgalerie versucht das Museum den Leuten die Hemmungen zu nehmen. Es gibt spezielle Programme für Schulklassen, aber auch Führungen für Demenzkranke oder Sehbehinderte. Durch digitale Angebote soll außerdem das Interesse junger Menschen an den Ausstellungen geweckt werden.
Virtual Reality gibt es in der Staatsgalerie auch: Im Raum 14 konnten Besucher*innen bis vor kurzem innerhalb von 20 Minuten spielerisch und interaktiv nachweisen, dass Max Beckmanns „Selbstbildnis mit rotem Schal“ legal im Besitz der Staatsgalerie ist. Das Spiel ist weiterhin über die Website der Staatsgalerie aufrufbar. Die Weekend Warm-Up Partys der Staatsgalerie schaffen eine Verbundenheit aus Musik, dem Ausgeh-Gefühl und der Kunst. Das Prinzip: unten wird gefeiert, oben kann man sich die Ausstellung anschauen.
Immersive Ausstellungen statt Museen?
Eine relativ neue Art von Kunstausstellungen sind immersive Ausstellungen. Unzählige Projektoren werfen dort bekannte Bilder auf riesige Flächen an Wände und Boden. Die Besucher*innen sollen so selbst in das Werk eintauchen können. Sie verbinden unterschiedliche Medien miteinander: bewegte Bilder und interaktive Elemente. Dieses „Event-Feeling“ lädt viele junge Menschen ein, die sich vielleicht sonst nicht viel mit Kunst beschäftigen. Ein Beispiel dafür ist die Ausstellung „das letzte Abendmahl“ in der Schleyer Halle. Hier kann man das Gemälde von Leonardo da Vinci auf verschiedene Weisen entdecken. Das Video bietet Einblicke in die Ausstellung.
Für die klassischen Museen sei das, laut Frau Lachmann, eine Konkurrenzsituation. Sie sieht die Ausstellungen kritisch: „Immersive Ausstellungen setzen wieder auf genau das, wie unsere Gesellschaft ist: groß, bunt und alle Sinne berührend“, sagt sie. Ihrer Meinung nach wirken Original-Bilder anders auf den Betrachter. „Versucht auch trotzdem mal das Original zu sehen. Es ist anders, aber kann doch auch schön sein!“, meint Lachmann. Sie sehe es als ihre Aufgabe an, den Menschen zu zeigen, dass die Kunst für sich spricht.
Nicht nur die Digitalisierung ist eine Herausforderung, auch der Klimawandel beeinflusst Museen stark. Die Kuratorin erwähnt, dass es bestimmte Maßnahmen gibt, um die Kunst vor dem Klimawandel zu schützen. „Ganz viele Häuser sind ja gar nicht auf den Klimawandel eingestellt, weil die Gebäude zu alt sind“, erklärt sie. Um zum Beispiel Papier zu bewahren, muss eine bestimmte Luftfeuchtigkeit im Raum eingehalten werden.
Nicht nur die Museen stehen im Wandel, sondern auch die Kunst. Die Studentin Ines erzählt in einem Feature, wie sie den Wandel von Kunst erlebt und wie sie in ihrem Studium davon beeinflusst wird.
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Museen sammeln, bewahren, erforschen und erzählen über ihre Ausstellungen die Geschichte der Menschheit. Trotzdem entwickeln sich die Museen und die Kunst immer weiter. Ausstellungen werden immer weiter auf den Wandel der Gesellschaft und auf aktuelle Debatten angepasst.
Dieser Beitrag ist Teil eines Dossiers über den „Wandel und Entwicklung von Kunstmuseen“.