Essen der Zukunft? 3 Minuten

Von der kleinen Raupe zum neuen Superfood

Tote Heuschrecken liegen auf einem Teller.
Vor dem Verzehr bitte Beine und Flügel entfernen – Guten Appetit! | Quelle: Tom Geyer
09. Sep 2024

Mehlwürmer, Grillen und Heuschrecken als das neue Superfood? Schon jetzt punkten sie mit hohem Proteingehalt und geringem Ressourcenverbrauch. Aber ist es wirklich ethisch vertretbar, statt Kühen, Schweinen und Geflügel andere Lebewesen zu töten, nur weil sie kleiner und weniger niedlich sind? Ein Kommentar.

Iss Insekten und rette die Welt!

Wir alle wissen, dass die Massentierhaltung von Rindern, Schweinen und Geflügel nicht nur viel zu viele Ressourcen verbraucht, sondern auch großes Tierleid verursacht. Deshalb sollten wir unsere Essgewohnheiten dringend umstellen. Einige Menschen setzen daher auf „Fleischersatzprodukte“ aus Insekten. Die Devise lautet jetzt: Würmer-Burger statt Hackfleisch-Pattys. Um es vorwegzunehmen: Insekten zu essen ist definitiv nachhaltiger als der Konsum von Fleisch. Denn im Vergleich zu Rind oder Schwein sind Ressourcenverbrauch und Emissionen deutlich geringer. Außerdem enthalten Insekten viel Eiweiß, ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe, was sie für viele Menschen zusätzlich interessant macht.

Doch ist es moralisch vertretbar, statt Rindern oder Schweinen andere Lebewesen wie Insekten auszunutzen?

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Ressourcenverbrauch von Insekten und konventioneller Fleischproduktion | Grafik: Kirstin Weber | Quelle: Quelle: https://bit.ly/3YnrtRh, https://bit.ly/3W4nje4, https://bit.ly/3W5LRmX, https://bit.ly/3Wnhc5P

Insekten haben keine Gefühle – Fehlanzeige!

Die Forschung zum Thema Wahrnehmung und Schmerzempfinden von Insekten steckt noch in den Kinderschuhen. Es gibt aber einige Hinweise, die darauf hindeuten, dass Insekten entgegen früheren Annahmen doch Gefühle haben. Insekten haben ein Nervensystem, das wohl deutlich komplexer ist als angenommen und anders funktioniert als bei Wirbeltieren. Man kann also nicht nur ihre Physiologie betrachten, um sicher zu sagen, ob sie Gefühle haben oder nicht. Außerdem verhalten sich Insekten je nach Art unterschiedlich. Bei Bienen wurden beispielsweise Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin entdeckt, die dem menschlichen Gehirn sehr ähnlich sind. 

Experimente haben gezeigt, dass der Dopamin- und Serotoninspiegel im Blut von Bienen sinkt, wenn man sie schüttelt. Bei uns Menschen kann dies zu depressiven Verstimmungen führen. Auch die Bienen waren während des Experiments plötzlich weniger motiviert, neue Nahrungsquellen zu finden. Das deutet darauf hin, dass sie sich auch schlecht fühlen können. Ein anderes Beispiel sind Hummeln, die offenbar Freude empfinden, wenn sie mit Holzkugeln spielen. Andere Insekten wie Stechmücken zeigen dagegen kaum Gefühlsänderungen. Trotzdem ist sich der Deutsche Tierschutzbund sicher, dass Insekten über alle anatomischen Strukturen verfügen, die nötig sind, um Schmerz zu empfinden.

Die Moral von der Geschichte

Wir bewerten Tiere oft danach, wie sie aussehen – ob sie süß, pelzig oder gefiedert sind. Doch letztlich sind Insekten genauso Lebewesen wie die Tiere, die wir als Begleiter oder Haustiere betrachten. Es ist falsch, dass manche Tiere moralischen Schutz verdienen, andere aber nicht. Insekten sind Lebewesen, die eine wichtige Rolle in Ökosystemen spielen. Wir sollten ihr Leben und potenzielles Leiden ernst nehmen. Bis bezüglich ihrer Gefühlswelt und deren Schmerzempfinden mehr Klarheit herrscht, sollten wir Insekten genauso wie konventionelles Fleisch von unserem Speiseplan streichen.

Natürlich sind Insekten umweltfreundlicher als die konventionelle Fleischproduktion. Die Frage, ob wir Insekten essen sollen, geht aber über die Frage der Nachhaltigkeit hinaus. Es geht um grundsätzliche ethische Überlegungen. Es geht um die Frage, wie wir als Gesellschaft mit anderen Lebewesen umgehen wollen. Auch wenn sich die Forschung noch nicht einig ist und eher davon ausgeht, dass Insekten weniger empfinden als Kühe und Schweine, ist ihr Leben dennoch wertvoll. Der beste Weg, Tierleid zu verringern, ist ein Lebensstil, der nicht mehr auf der Ausbeutung von Tieren beruht. 

Ein Rezept für neue Umweltprobleme?

Doch wie genau sieht es mit dem Umweltaspekt aus? In unserem Podcast „Insekten als Nahrungsquelle: Eine klimafreundliche Alternative oder ein Rezept für neue Umweltprobleme?“ beleuchten unsere Redakteure Julia und Tom dieses Thema genauer. 

 

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