Luxusmode 5 Minuten

Wie LVMH den Luxus neu definiert

Dior Museum
Luxusmode von Dior, Louis Vuitton oder Givenchy – sie alle sind Teil von LVMH. | Quelle: Julia Rist
21. Jan. 2025

Von traditionsreichen Marken wie Dior bis hin zur globalen Expansion: LVMH hat es geschafft, Luxus neu zu definieren. Doch wie vereint der Konzern Tradition und Innovation, ohne dabei die Identität der Marken zu verlieren? Ein Blick auf die Strategien des Branchenführers.

Luxus. Für manche eine Selbstverständlichkeit, für andere ein unerreichbarer Traum. Doch was macht Luxus aus, und was bedeutet es, sich luxuriös zu kleiden? Marken wie Louis Vuitton, Dior oder Givenchy liefern die Antwort: Es geht um mehr als teure Produkte – es geht um Individualität.

Doch wer profitiert davon? Die Träger, die Investoren oder die Erben? Heute spielen Erben kaum noch eine Rolle, denn aus Familienunternehmen sind globale Konzerne geworden. Gewinnmaximierung, klare Hierarchien und internationale Expansion sind im Fokus. Der Branchenführer LVMH zeigt, wie sich Luxusmarken zu einer milliardenschweren Erfolgsstrategie vereinen lassen und wie eine Holding die Dynamik der Modewelt grundlegend verändert hat.

Vom Familienbetrieb zum globalen Imperium

Die in Paris ansässige LVMH-Group erzielte im ersten Halbjahr 2024 einen Umsatz von 60,8 Milliarden Euro (laut drittem Quartalsbericht 2024). Mit einer Marktkapitalisierung von 297,55 Milliarden Euro ist LVMH das wertvollste Unternehmen Europas (Stand Dezember 2024). Die Positionierung des Unternehmens war jedoch nicht immer auf den Luxusbereich der Mode ausgerichtet, sondern begann im Sektor von luxuriösen Getränken. Der Grundbaustein wurde im Jahr 1971 gelegt. Als Erstes fusionierten der Champagnerhersteller Moët & Chandon und der Cognac-Produzent

Hennessy. 16 Jahre später, im Jahr 1987, kam Louis Vuitton mit dazu. Die damals für Reisetaschen bekannte Marke strebte eine Expansion an. Ziel war es, die gleichen umfangreichen Ressourcen wie Moët Hennessy zu schaffen – eine starke finanzielle Position, globale Präsenz und ein breites Netzwerk.

Luxus als Geschäftsmodell

Die Fusion von Moët Hennessy und Louis Vuitton markierte nicht nur den Beginn von LVMH, sondern war auch der Start für eine bis heute erfolgreiche Unternehmensstrategie. Das Ziel dieser Strategie ist es, Synergien, sprich Wechselwirkungen, innerhalb der Modebranche zu schaffen und neue Märkte zu erobern. Doch wie konnte sich LVMH zu dem entwickeln, was es heute ist? Die Antwort auf diese Frage liegt in der markenstrategischen Ausrichtung des Unternehmens. Der milliardenschwere Konzern zählt ganze 75 Marken zu seinem Portfolio. Die starke Vernetzung aus Luxusmodemarken macht LVMH zu einem dominierenden Akteur in der Luxusbranche. Die Strategie scheint lückenlos: Der Erfolg steigt und die Labels gewinnen zunehmend an Präsenz. Früher wurden die Marken durch ihre Gründer geprägt. Heute sind sie Teil eines ausgeklügelten, global agierenden Geschäftsmodells . Dabei sichern Synergien den Erfolg. Günter Käfer, Direktor des Instituts für Marken und Medien IMM in Berlin und Düsseldorf, ist Experte für die ökonomischen und kommunikativen Anforderungen von Marken. Als geschäftsführender Gesellschafter internationaler Markenagenturen, ist er der Ansicht, dass der Erfolg unter anderem daran liegt, dass der Konzern eine Markenverwässerung konsequent vermeidet.

Von Markenverwässerung spricht man, wenn sich eine Marke zu weit verzweigt, was minderwertige Produkte oder Dienstleistungen zur Folge hat, die sich negativ auf den Namen und das Markenimage auswirken. Eine Verwässerung tritt typischerweise ein, wenn ein Unternehmen in neue Märkte oder Branchen vordringt, in denen es normalerweise nicht tätig ist.

Günter Käfer betont, dass es sichtbar ist, dass LVMH darauf spezialisiert ist, Marken erfolgreich zu integrieren und weiterzuentwickeln. Die Übernahmen des Konzerns führen selten dazu, dass ganze Konzepte verworfen oder radikale Veränderungen vorgenommen werden. Er spricht von einer Evolution, nicht von einer Revolution: „Die große Herausforderung besteht darin, eine bestehende Marke noch wünschenswerter, nochbegehrter und noch  erfolgreicher zu machen. Das muss meines Erachtens immer das übergreifende Ziel sein, wenn eine Marke Teil eines Konzernportfolios wird. Es ist extrem wichtig, dass die Persönlichkeit, Positionierung und vor allem der Anspruch der Marken konsequent weitergeführt werden. Ein luxuriöses Image muss man sehr behutsam weiterentwickeln“, so der Experte.

„Es ist extrem wichtig, dass die Persönlichkeit, Positionierung und vor allem der Anspruch der Marken konsequent weitergeführt wird. Ein luxuriöses Image muss man sehr behutsam weiterentwickeln.“

Günter Käfer, Direktor des Instituts für Markenstrategie und Markenkommunikation

Der Wandel im Luxusmarkt

Wie die Weiterentwicklung einer Traditionsmarke im Idealfall aussehen kann, zeigt das Beispiel Dior: Die Luxusmarke, die 1946 von Christian Dior gegründet wurde, erlangte bereits früh Anerkennung. Doch erst als LVMH 1989 die Mehrheitsbeteiligung von Dior übernahm, entwickelte sich die Marke in eine neue Dimension. Es steigerte sich nicht nur der Marktwert, sondern auch das Zusammenwirken innerhalb der Modebranche. LVMH setzte Dior mit der Zeit gezielt für die strategische Expansion des Konzerns ein, wodurch die Marke zu einem zentralen Akteur wurde und bis heute ist. Dabei wurden auch die internen Strukturen aus einer machtvollen Position heraus kontrolliert. Namhafte Modeschöpfer wie Gianfranco Ferré im Jahre 1990 oder John Galliano im Jahre 1996 wurden zum Creative Director. Die durch zahlreiche Veränderungen resultierenden Vernetzungen machten Dior zu einer Schlüsselfigur im umfassenden Netzwerk der gesamten Modebranche.

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Verbindungen zu namenhafte Designer wie John Galliano machten Dior zu einer Schlüsselfigur in der Modebranche. | Quelle: Amelie Eckstein

Ein Ego-Netzwerk (egozentrisches Netzwerk) ist eine Netzwerkstruktur die aus einem zentralen Akteur und den direkten Verbindungen des Akteurs besteht. Ein Blick auf das Ego-Netzwerk des Luxus Modelabels Dior zeigt, dass das Label als ein zentraler Akteur in der Modebranche agiert. Ein Blick auf das Ego-Netzwerk des Luxus Modelabels Dior zeigt, dass das Label als ein zentraler Akteur in der Modebranche agiert.

Durch die globale Infrastruktur von LVMH, konnte sich Dior erfolgreich in neuen Märkten etablieren. Diese Expansion ermöglichte die Einführung neuer Produkte und setzte neue Trends. Insbesondere die Etablierung auf dem asiatischen Markt, der zuvor nicht bedient wurde, stellte eine Innovation für die Konsumenten dar. Die französische Holding nutzte ihre globalen Netzwerke gezielt, um Kund*innen weltweit den Zugang zur Marke zu bieten. Dieser Ansatz unterscheidet konzerngeführte Luxusmarken von den inhabergeführten. Während inhabergeführte auf Tradition und Intuition basierten, verfolgt ein Holdingkonzern wie LVMH, eine strategische Herangehensweise: „Die Marken, die im frühen 20. Jahrhundert gegründet worden sind, hatten als inhabergeführte Marke sehr lange keine ausgefeilte Strategie. Die haben kein Papier in die Hand genommen, sich eine lange Strategie überlegt und gesagt: ‚Jetzt machen wir dies, dann jenes und schließlich das. Sie haben es einfach gelebt“ erklärt Günter Käfer.

Managementgeführte Labels haben somit, speziell in der Zeit der Digitalisierung, verstanden, was getan werden muss. Dennoch, so Käfer, muss man „sehr sensibel und kontinuierlich an der Entwicklung einer Marke arbeiten, es handelt sich dabei immer um eine Herausforderung“. Die zahlreichen Wechsel in internen Strukturen sind Entwicklungen, die viele Marken im Laufe der Zeit durchmachen. Sie können jedoch auch unauthentisch wirken, wenn die Veränderungen nicht sorgfältig durchdacht sind. Insbesondere im Zeitalter von Social Media, in dem Meinungen von Konsument*innen schnell nach außen kommuniziert werden, ist es für Luxusmarken entscheidend, wie sie auf diese Reaktionen eingehen und medienstrategisch agieren. Doch es liegt nicht nur an den Labels selbst, sondern auch am aktuellen Markt, den internen Strukturen und den Zielgruppen.

„Ein Holdingkonzern sollte sich nicht zu sehr in den Vordergrund stellen, um die Konsument*innen glauben zu lassen, dass alles, was von Ihnen ist, auch erfolgreich ist. Das ist auch gar nicht der Sinn einer Holding. Im Prinzip sind das alles individuelle Markencharaktere, und die Kund*innen sollen aktiv überhaupt nicht wissen, dass sie alle zusammengehören. Die Held*innen, sind die Marken im Portfolio, nicht die Holding“, so Günter Käfer. 

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Mit insgesamt 75 Marken im Portfolio zählt LVMH zu dem dominierenden Akteur in der Branche. | Quelle: Amelie Eckstein

„Die Held*innen, sind die Marken im Portfolio, nicht die Holding.“

Günter Käfer, Direktor des Instituts für Markenstrategie und Markenkommunikation

Die wahren Held*innen der Erfolgsgeschichte sind Christian Dior, Guccio Gucci und Edoardo Fendi – jeder von ihnen prägte die Modewelt auf seine eigene Weise: Dior gründete 1947 die erste Dior-Haute-Couture-Boutique in Paris, Gucci eröffnete im Alter von 22 Jahren seinen ersten Laden und Fendi rief 1925 zusammen mit seiner Ehefrau die Marke Fendi ins Leben. LVMH mag durch das Erbe des CEOs, Bernard Arnault, und einem agilen Geschäftsmodell erfolgreich als auch bisher unberechenbar sein, doch sie kaufen Konkurrent*innen nicht einfach vom Markt. Der wahre Erfolg liegt darin, eine Luxusmarke unter den heutigen Bedingungen und Anforderungen weiterzuentwickeln. LVMH selbst, beschreibt sein Business Model mit den Schlagworten: Organisation, Wachstum, Integration, Synergien, Savoir-Faire (zu deutsch: Fachwissen), Exzellenz und globale Präsenz. Genau diese Ausrichtung ist der Schlüssel, weshalb die Marken des Konzerns begehrenswert bleiben – durch die Fähigkeit, Tradition mit Innovation zu vereinen,kulturelle Werte zu bewahren und damit ihre eigene Erfolgsgeschichte fortzuschreiben.

Unsere zentrale Forschungsfrage lautete: Wie eng sind Akteure und Labels in der Modebranche miteinander vernetzt und welche Rolle spielen zentrale Akteure im Aufbau dieser Verbindungen? Um diese Frage zu beantworten, führten wir eine tiefgehende Analyse der Entstehungsgeschichte und Entwicklung der untersuchten Labels durch, deren Wurzeln häufig bis ins frühe 20. Jahrhundert zurückreichten. Dabei betrachteten wir insbesondere die Rolle zentraler Akteure, wie etwa Gründerpersönlichkeiten, strategische Entscheidungsträger, und deren Einfluss auf die Vernetzung der Labels mit anderen Marken, Institutionen und Persönlichkeiten der Branche. Hier sind alle erhobenen Daten zu finden, die für unsere Netzwerke verwendet wurden: Datenerhebung Mode-Netzwerk